Manche Reisen stehen unter keinem guten Stern! Auf meinem ersten Südafrikatrip schienen sich die gefährlichen Zwischenfälle nur so aneinanderzureihen. Alles begann damit, dass der Londoner Flughafen Heathrow bei der Zwischenlandung meiner Maschine evakuiert werden musste, da ein Feuer ausgebrochen war. Die Läden wurden sofort geschlossen und die Sirenen machten einen beängstigenden Lärm. Die Passagiere wurden in einem Betonbunker untergebracht und Panik war in den Gesichtern der Menschen zu sehen. Alle waren heilfroh, als nach einer Weile das Feuer unter Kontrolle gebracht wurde und wir unsere Reise fortsetzen konnten.
Johannesburg, die Stadt voller Räuber
In Johannesburg angekommen, erlebte ich dann den bittersten Zwischenfall all meiner Reisen. Noch bevor ich auch nur ein Raubtier zu Gesicht bekommen hatte, sah ich mich mit einer ganz anderen Bedrohung konfrontiert. Nach meiner ersten Nacht in Afrika konnte ich es kaum erwarten, in den Kruger-Nationalpark zu fahren. Doch zuerst musste ich noch meine Reiseschecks umtauschen. In der Jugendherberge hatte ich Jane aus England kennengelernt und zusammen machten wir uns auf den Weg ins Zentrum von Johannesburg, um eine Bank zu suchen. In meinem Reiseführer hatte ich bereits gelesen, dass Johannesburg eine gefährliche Stadt ist und man bei Dunkelheit lieber nicht mehr draußen herumlaufen sollte. Aber es war helllichter Tag und ich fühlte mich nicht beunruhigt, durch die Stadt zu gehen. Überall waren Menschen unterwegs, alles wirkte sehr lebendig. Während wir nach einer Bank suchten, kamen wir an einem Laden mit Musikinstrumenten vorbei. Da ich damals als Musiker und DJ arbeitete, interessierte mich dieser Laden und wir gingen hinein. Lauter Trommeln sowie verschiedene afrikanische und westliche Instrumente waren ausgestellt und konnten ausprobiert werden. Ich schaute mich eine Weile mit leuchtenden Augen um, bis mir wieder einfiel, dass wir eigentlich eine Bank suchten.
Acht Räuber mit einem Messer an meiner Kehle
Kaum hatten wir uns einige Meter von dem Musikladen entfernt, kamen acht mit Messern bewaffnete Männer auf uns zu. Einer von ihnen schnappte sich Jane, während ein anderer mir ein großes Messer an die Kehle drückte. Er hatte blutunterlaufene Augen und schien äußerst aggressiv und nervös zu sein. Ein Dritter drückte mir ein Messer in den Rücken und zwei weitere Männer hielten jeweils ein Messer links und rechts an meine Nieren, sodass ich mich keinen Zentimeter bewegen konnte. Wie ich es in einem Überlebenstraining gelernt hatte, versuchte ich, cool zu bleiben, und überließ den Räubern, ohne Widerstand zu leisten, meine Wertsachen. In Johannesburg wird man sofort umgebracht, wenn man in solchen Fällen nicht kooperiert!
Die Räuber nahmen mir den Rucksack weg und schnitten meine Hosentaschen mit ihren Messern auf, sodass sie alles nehmen konnten, was sich darin befand. Die ganze Aktion dauerte nicht länger als zwanzig Sekunden – dann verschwanden sie in alle Himmelsrichtungen.
Jane und ich waren, genau wie die vorübergehenden Passanten, schockiert. Alles war so schnell gegangen und äußerst professionell. Jane hatten sie nichts weggenommen, aber ich war innerhalb von wenigen Sekunden alles losgeworden, was ich hatte. Mein Reisepass, die Tickets, die Reiseschecks, meine Kreditkarten und mein Rucksack waren weg.
Auf der Polizei schilderte ich unseren Vorfall einem Beamten, der nur erwiderte: »Da drüben, in dem großen Zimmer, müsst ihr euch hintenanstellen. Alle Anwesenden wurden heute ausgeraubt!« Als ich das hörte, begann ich zu lachen. Es waren bestimmt fünfzig Personen aus aller Welt da, die auch in Johannesburg ausgeraubt worden waren. Zwei Beamte saßen hinter einem Schreibtisch und nahmen die Aussagen der Opfer auf. Wie an einem Fließband wurden die ausgeraubten Touristen angehört und abgefertigt. Irgendwann war auch ich dran und durfte meine Geschichte erzählen. Der Beamte schrieb alles nieder, gab mir eine Kopie für meine Versicherung mit und sagte nur: »Der Nächste bitte!«
Den Wisch von der Polizei in meiner Hand, verließ ich mit Jane das Gebäude. Obwohl ich sofort meine Kreditkarten sperren ließ, schafften es die Räuber, 12.000 DM von meinem Konto zu plündern. Dies erfuhr ich jedoch erst einen Monat später, bei meiner Rückkehr nach Deutschland.
Meine Rettung durch Freunde einer Freundin
Glücklicherweise hatte mir Heide, eine gute Freundin, die einige Jahre in Südafrika gelebt hatte, die Adresse von Freunden in der Nähe von Johannesburg gegeben. In meiner Verzweiflung rief ich Inge und Tudor an und bat sie um Hilfe. Sie setzten sich sofort in ihr Auto, kamen in die Stadt und holten mich zu sich nach Hause. Mit ihrer Hilfe konnte ich meine Probleme lösen und war innerhalb weniger Tage in der Lage, meine Reise fortzusetzen.
Kurz darauf wurde ich auch noch in zwei Autounfälle verwickelt. In beiden Fällen waren die Fahrerinnen der Wagen durch angeregte Gespräche abgelenkt und so kam es zu Unfällen, die Gott sei Dank nur zu Blechschäden führten, aber für einige Aufregung und jede Menge Unannehmlichkeiten sorgten.
Meine erste Zu-Fuß-Safari in Südafrika
Nach all diesen Komplikationen war ich froh, als ich endlich meine erste Zu-Fuß-Safari starten konnte. Begleitet wurde ich von einem Ranger und einem Fährtenleser. In der afrikanischen Wildnis zu Fuß unterwegs zu sein, hat einen ganz eigenen Zauber und ist mit einer Auto-Safari überhaupt nicht vergleichbar. Mit dem Boden in direktem Kontakt, spürt man alle Natureindrücke noch viel intensiver. Man bewegt sich an der frischen Luft, es entstehen keine Fahrtgeräusche, man sieht und riecht viele Dinge besser und kann in jede Richtung laufen, während Autos immer auf den Wegen bleiben müssen. Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass man in einem Auto wesentlich sicherer unterwegs ist als zu Fuß. Wenn man in einem Wagen sitzt, muss man nur gut aufpassen, wenn Elefanten in der Nähe sind. Alle anderen Tiere können den Insassen eines Autos kaum gefährlich werden. Zu Fuß sieht die Sache ganz anders aus. Der Wanderer kann von einer Giftschlange gebissen werden oder von Löwen, Leoparden, Flusspferden, Büffeln, Elefanten oder Nashörnern attackiert werden. Selbst Warzenschweine schaffen es immer wieder, Fußgängern schwere Verletzungen zuzufügen. Es ist auch denkbar, dass man sich im Gelände den Fuß verdreht oder verstaucht, dass man hinfällt oder sogar irgendwo abstürzt. Trotz dieser Gefahren ist eine Zu-Fuß-Safari immer ein unvergesslich schönes Erlebnis.
Ein abenteuerliches Camp auf Bäumen
Unser Basiscamp war abenteuerlich gelegen. Es bestand aus vier kleinen Holzhütten, die auf Bäumen und Stelzen direkt an einem großen Wasserloch errichtet worden waren. Die »luftige« Bauweise sollte uns Schutz vor gefährlichen Tieren bieten. Eine schmale Holzbrücke verband die Hütten miteinander. Meine Unterkunft war zum Wasserloch hin offen, sodass ich nachts, während ich in meinem Bett lag, das Kommen und Gehen beobachten konnte.
Es war wundervoll zu sehen, wie die Flusspferde mit ihren Jungtieren aus dem Wasser herauskamen, um grasen zu gehen. Die Augen der Nachtäffchen leuchteten im Licht meiner Taschenlampe, wenn sie bei Einbruch der Dunkelheit ihre Verstecke in den Bäumen verließen, um dann bis zum Sonnenaufgang auf Nahrungssuche zu gehen. Jeden Abend lag ich eine ganze Weile wach in meinem Bett und sah einen faszinierenden »Live-Kinofilm« mit wechselnden tierischen Darstellern.
Hyänen-Kill am Wasserloch
In einer der Nächte, die wir dort verbrachten, wurde ich plötzlich durch sehr lautes Geschrei wach. Vor lauter Schreck wäre ich fast aus meinem Bett direkt ins Wasserloch gefallen. In letzter Minute gelang es mir gerade noch, mich an der Holzwand festzuhalten. Es war gegen Mitternacht und am Wasserloch war die Hölle los. Nachdem ich festgestellt hatte, dass es sich dabei nicht um eine direkte Bedrohung für meine Begleiter und mich handelte, sah ich mich von meinem Ausguck aus genauer um. Ein großes Hyänenrudel hatte einen Impalabock ins Wasser getrieben, um ihn zu reißen. Die Räuber waren überall und rannten aufgeregt hin und her, wobei sie einen ohrenbetäubenden Lärm machten. Der Impalabock saß in der Falle und seine verzweifelten Sprünge im Wasserloch konnten ihn nicht aus seiner aussichtslosen Lage retten. Irgendwann passierte, was passieren musste. Der Impalabock versuchte, sich unter unseren Hütten hindurch einen Fluchtweg zu bahnen, als er von einer Hyäne erwischt wurde. Dadurch, dass Hyänen ihren Opfern nicht wie Löwen und Leoparden das Genick brechen, dauert das Töten bei ihnen wesentlich länger. Während der Impalabock mit dem Tod rang und noch lange danach, herrschte ein schreckliches Geschrei. Aggressiv kämpften die Hyänen nun um jedes Stück Fleisch. Das war sicherlich kilometerweit zu hören. Sehen konnte ich das Schreckensszenario nicht, da es sich direkt unter unseren Hütten abspielte. Nach etwa einer Stunde war die Beute wohl verzehrt und damit verschwand auch die letzte Hyäne. Am darauffolgenden Tag waren nur noch ein Stück Fell und einige Blutspuren im Gras zu sehen.
Nashorn-Attacke im Busch
Einige Tage später, als wir im dichten Busch unterwegs waren, stoppte der Fährtenleser plötzlich und roch an einem Baum. Während er sich zu mir umdrehte, erklärte er mir, dass an dieser Stelle etwa dreißig Minuten zuvor ein Nashorn vorbeigekommen sein musste. Er war sich sicher, dass das Tier auf einem Umweg zu einem Wasserloch laufen würde, das nicht weit entfernt lag. »In etwa fünfundvierzig Minuten werden wir dem Nashorn gegenüberstehen«, erklärte er mir voller Überzeugung.
Schmunzelnd sagte ich: »Okay, lasst uns die Verabredung mit diesem Nashorn wahrnehmen.« Ich glaubte dem Fährtenleser nicht und dachte, dass er mich für ein »Greenhorn« hielt, das gerade aus der Großstadt in den Busch gekommen war und dem man alles erzählen konnte.
Wir liefen durch hohes Gras und dichten Busch. Nach fünfundvierzig Minuten hatten wir noch keine Spur von dem versprochenen Nashorn gefunden. Während ich mir Gedanken machte, wie ich den Wildhüter mit seiner nicht gehaltenen Versprechung ärgern konnte, hörte ich plötzlich ein lautes Rascheln und sah, wie ein großes Tier auf uns zugestürmt kam. Einen Augenblick später erkannte ich, dass es sich dabei tatsächlich um ein Nashorn handelte. Ich bekam Herzklopfen und Adrenalin schoss durch meinen Körper. Zitternd wartete ich auf die Anweisungen des Rangers, denn im Busch haben die Wildhüter die Entscheidungen zu treffen. Ein Fehlverhalten kann für die Gruppe fatale Folgen haben.
Der Ranger hatte nur ein sehr altes Gewehr bei sich, von dem ich vermutete, dass es gar nicht mehr funktionierte. Der Fährtenleser war wie ich unbewaffnet. Während das Tier auf uns zugerannt kam, ließ der Ranger plötzlich seine Waffe auf den Boden fallen. Ich war starr vor Angst. Warum nahm er eine Waffe mit, wenn er sie im Ernstfall fallen ließ? Sollten wir jetzt einen Baum hochklettern? Während ich versuchte, aus der Lage schlau zu werden, formten die Wildhüter ihre Hände zu einem Trichter und fingen an, ein lautes »Pfffo!« von sich zu geben. Ich war fassungslos. Was sollte das denn? Ein wütendes Nashorn raste auf uns zu und die beiden wollten es mit lautem Pusten zum Stoppen bringen? Zu meinem großen Erstaunen blieb das Nashorn jedoch tatsächlich etwa zehn Meter vor uns stehen und machte ähnliche Geräusche wie die Wildhüter. Es fand ein regelrechter Dialog zwischen meinen Begleitern und dem Nashorn statt.
Nach einer Weile nahm der Ranger wieder das Gewehr in die Hand, während der Fährtenleser das Nashorn weiterhin mit seinen bizarren Lauten beschäftigte. Nun kam das Signal zum Rückzug. Wir gingen langsam rückwärts, bis wir einen dicken Baum fanden, hinter dem wir uns erst einmal verstecken konnten. Mittlerweile hatten wir einen Abstand von mindestens fünfzig Metern zu dem Nashorn erreicht. Jetzt änderten die Wildhüter plötzlich ihre Taktik und fingen an, sich miteinander zu unterhalten, so, als ob nichts gewesen wäre.
Später erfuhr ich den Sinn ihrer Strategie. Das Pfeifen ist ein alter Buschtrick, der die Laute der Nashörner imitiert und eine Art Warnung bei einem Territoriumskampf darstellt. Dies brachte das Nashorn zum Stoppen. Es musste zunächst prüfen, ob weitere Nashörner in der Nähe waren, die es hätten angreifen können. Als wir uns hinter dem Baum befanden, unterhielten sich die Wildhüter in normaler Lautstärke, um dem Nashorn zu signalisieren, dass sich Menschen in seiner Nähe aufhielten, denn fast jedes wilde Tier hat eine natürliche Angst vor dem Menschen und geht ihm lieber aus dem Weg.
Die besten Ranger, die ich je kennengelernt habe
Während der nächsten Tage lernte ich die beiden Wildhüter besser kennen. Heute kann ich sagen, dass sie mit Abstand zwei der besten Ranger waren, die mir je begegnet sind. Sie bewegten sich erstaunlich lautlos durch den Busch, kannten jedes Tier und jede Pflanze und sie waren Großmeister im Spurenlesen. Sie waren so gut, dass es mir manchmal schon unheimlich vorkam.
Begegnung mit aggressiven Löwen, die nur eins im Kopf haben: TÖTEN!
Bei einem anderen Ausflug in den dichten Busch fragte mich einer der beiden Wildhüter, welche Tiere ich an diesem Tag am liebsten sehen würde. »Löwen«, antwortete ich sofort. Diese majestätischen Großkatzen sind immer spannend zu beobachten, vor allem, wenn man ihnen zu Fuß begegnet. Löwen aus einem Fahrzeug heraus zu beobachten, kann nach einer Weile eintönig werden, da sie dem Auto kaum Beachtung schenken. Zu Fuß ist die Sache genau umgekehrt. Sie sind aufgeregt, interessiert und neugierig. Oft laufen sie weg, wenn sie Menschen zu Fuß kommen sehen. Aber manchmal kann man sich ihnen nähern und sie aus nächster Nähe beobachten. Während die Großkatzen immer ein wachsames Auge auf die Menschen haben, muss man ebenfalls stets auf der Hut sein und versuchen, die Körpersprache der Tiere und ihren Gemütszustand zu analysieren und zu verstehen. Ein Löwe würde niemals einen Menschen angreifen, ohne vorher zahlreiche Warnsignale gesendet zu haben. Man muss diese nur kennen, rechtzeitig wahrnehmen und dann entsprechend reagieren. Dann dürfte im Normalfall nicht allzu viel schiefgehen.
Wenn Du wegläufst, bist Du tot
Wir begaben uns also auf die Suche nach Löwenspuren. Der Ranger gab mir unterwegs einige Tipps, wie ich mich zu verhalten hätte, wenn wir der stärksten und größten afrikanischen Raubkatze begegneten:
»Wenn der Löwe sich seitlich hingelegt hat und döst, dann ist er relaxt und von ihm geht keine Bedrohung aus. Sitzt er jedoch in der Sprintposition, zucken seine Ohren und bewegt er aufgeregt seine Schwanzspitze, dann sollte man schon den geordneten Rückzug einleiten: immer mit dem Gesicht zum Löwen, ohne sich umzudrehen und ohne hektische und ängstliche Bewegungen und Gesten auszuführen. Starrt der Löwe dich an, steht er kurz vor einer Attacke, was auch an seinem Gesicht abzulesen ist. Er wird dich nicht mehr aus den Augen verlieren. Kommt es tatsächlich zu einem Angriff, legt die Raubkatze ihre Ohren an, bewegt ihren Schwanz rasant in einem Halbkreis und geht brüllend zum Angriff über. Verlierst du dann die Nerven und läufst weg, bezahlst du diesen Fehler höchstwahrscheinlich mit dem Leben. Bei einem Angriff musst du stehen bleiben, dich größer machen als du bist und Stärke demonstrieren. Nur so hast du eine Überlebenschance. Eine Attacke geschieht meistens so schnell, dass keiner dem anderen zu Hilfe kommen kann. Zumal es auch vorkommen kann, dass mehrere Löwen gleichzeitig angreifen. Also muss jeder Ruhe bewahren und sich strikt an die Regeln halten!« Nachdem ich mir angehört hatte, wie gefährlich eine Begegnung mit einem Löwenrudel werden kann, war ich noch gespannter, dem König der Tiere endlich in natura zu begegnen.
Frische Löwenspuren
Wir wanderten einige Stunden lang durch den Busch, bis wir in einem sehr unübersichtlichen Gebiet frische Löwenspuren entdeckten. Nun mussten wir diese aufmerksam im eineinhalb Meter hohen Gras verfolgen und gut aufpassen, denn der Löwe konnte überall liegen und jeder Fehler hätte uns das Leben kosten können.
Ich fühlte, dass die Wildhüter genauso gespannt und beunruhigt waren wie ich. Da wir maximal fünf Meter weit sehen konnten, würden wir einen im Gras liegenden Löwen erst entdecken, wenn wir direkt vor ihm standen. Dies hätte uns nur eine sehr kurze Fluchtdistanz gewährt und selbst der Ranger, der mit geladener Waffe voranging, hätte keine ausreichende Reaktionszeit gehabt, um rechtzeitig handeln zu können. Was die Sache noch unheimlicher machte, war die Tatsache, dass wir nicht wussten, ob sich in der Nähe eventuell noch weitere Löwen aufhielten.
Eine Löwin mit Babys greift sofort an
Muttertiere mit ihren Babys sind wie »Mienenfelder« im Busch. Sie würden alles tun, um ihre Jungen zu verteidigen. Mit etwas Pech hätten wir direkt in ein Löwenrudel mit Jungtieren hineinlaufen können! Etwas Derartiges war vor Kurzem erst passiert. Ein Ranger hatte seine Gäste zu Fuß auf einer Safari im Kruger-Nationalpark geführt, als sie einer Löwin mit ihren Jungtieren begegneten. Die Löwin ist sofort auf die Gruppe losgegangen. Es muss wohl so schnell gegangen sein, dass der Wildhüter überhaupt nicht reagieren konnte. Dadurch, dass die Ranger immer vorne an der Spitze der Gruppe laufen, sind sie die Ersten, die attackiert werden. Die Löwin sprang den Ranger an, zerfetzte seinen Arm, dann seinen Bauch und andere Körperteile. Glücklicherweise ließ die Löwin nach einer Weile von ihm ab und entfernte sich, ohne den Rest der Gruppe anzugreifen. Zufällig war einer der Gäste Arzt und konnte den schwer verletzten und bewusstlosen Ranger notdürftig verarzten, bis der Rettungshubschrauber eintraf. Der Ranger war so schwer verletzt, dass er noch wochenlang auf der Intensivstation eines Krankenhauses behandelt werden musste. Ob er es überlebt hat, weiß ich nicht.
Mit zitternden Knien hinter dem Löwen her
Mit klopfenden Herzen liefen wir weiter durch den Busch und obwohl die Sache mit jedem Schritt heikler wurde, wollte keiner von uns zurück. Plötzlich hörten wir ein lautes Rascheln. Das Grasdickicht öffnete sich und etwas schoss daraus hervor. Hätte ich ein schwaches Herz, wäre ich an Ort und Stelle gestorben. Wir machten alle drei einen großen Satz nach hinten. Der Ranger hatte seine Waffe im Anschlag, der Fährtenleser sah aus, als ob er einen Geist gesehen hätte. Mir gingen in diesem Moment alle möglichen Gedanken durch den Kopf, während mein Herz vor Angst aus meiner Brust herauszuspringen drohte. Ich dachte, dass mich jeden Moment ein Löwe anspringen würde, und ich hatte nicht einmal ein Messer bei mir. Die zwei Wildhüter und ich mussten in diesem Augenblick wie Mäuse ausgesehen haben, die einer Katze gegenüberstehen. Doch das, was aus dem Gras herausgesprungen kam, war ein Steinböckchen und Gott sei Dank kein Löwe.
Löwen rennen auf uns zu
Beim Anblick der Kleinantilope mussten wir erst einmal tief Luft holen, um das Geschehene zu verarbeiten, und schließlich alle drei herzlich lachen. Trotz des großen Schreckens kam keiner von uns auf die Idee, an dieser Stelle die Expedition zu beenden. Somit folgten wir dem Löwen weiter, bis uns etwas Merkwürdiges auffiel. Links von uns, etwa hundert Meter entfernt, bewegte sich das Gras, als ob ein großes Tier hindurchlief. Rechts von uns bewegte sich das Gras ebenfalls. Die Bewegungen wurden immer schneller. Uns war klar, dass es sich um einen Angriff handelte. Sofort bekamen wir es richtig mit der Angst zu tun. Im nächsten Augenblick erkannte ich, dass die Tiere, die auf uns zugerast kamen, beide männliche Löwen waren. Als ich das sah, stockte mir der Atem. Dann wurde es plötzlich furchtbar laut und wir sahen nun, wie die Löwen von links und rechts auf uns zukamen. Der Ranger zielte mit seiner Waffe immer abwechselnd auf den einen und dann auf den anderen Löwen, aber er drückte nicht ab. Die Löwen stießen kurze und ohrenbetäubende Geräusche aus, die mich fast in die Todesstarre versetzten. Plötzlich sahen wir weitere Löwen, die ebenfalls von rechts in unsere Richtung liefen.
Der Tod war verdammt nah
Die beiden Wildhüter waren so blass geworden, dass ich sie gar nicht wiedererkannte. Der Löwe, der von rechts kam, war mittlerweile so nah, dass er mühelos auf den Kopf des Rangers hätte springen können. Ich befand mich in einem Schockzustand und wusste nicht, wie der Ranger uns noch retten wollte. Vor meinen Augen lief alles wie ein verlangsamter Horrorfilm ab, in dem ich die Geräusche nicht mehr klar auseinanderhalten konnte. Ich war darauf gefasst, jeden Moment zu sterben.
Der Löwe lief jedoch an uns vorbei, so, als ob er uns gar nicht wahrgenommen hätte. Vor unseren Augen attackierte er den anderen Löwen mit einer unvorstellbaren Aggression. In nur wenigen Metern Distanz zu uns fand nun ein äußerst brutaler Kampf zwischen zwei riesigen Löwenmännchen statt.
Wie laut und Furcht einflößend dieses Szenario war, kann ich mit Worten gar nicht beschreiben. Die beiden Löwenmännchen lieferten sich einen heftigen und blutigen Kampf. Als die anderen Löwen den Schauplatz erreichten, wurde es noch lauter und es herrschte ein unglaubliches Gebrüll.
Renne um Dein Leben!
Die Angst hatte meinen Körper voll unter Kontrolle, doch die Wildhüter drängten, dass wir die Gelegenheit nutzen sollten, um uns schleunigst davonzumachen, bevor auch wir zur Zielscheibe ihrer Aggressionen würden. Also liefen wir, so schnell es ging, los, schauten jedoch immer wieder zurück, ob einer der Löwen uns folgte. Die Raubkatzen waren so mit ihrem Kampf beschäftigt, dass sie unser Verschwinden überhaupt nicht bemerkten.
Wir entfernten uns rasch und als wir uns wieder in sicherer Entfernung befanden, schauten wir mit unseren Ferngläsern den immer noch andauernden Kampf an. Durch das hohe Gras war nicht wirklich viel zu erkennen, aber wir konnten sehen, wie die Büsche und Pflanzen sich bewegten, und das Gebrüll war ebenfalls nicht zu überhören.
Ein Löwe musste sterben
Es handelte sich wohl um einen Kampf ums Territorium, erklärten mir meine Beschützer. Das Löwenmännchen, welches sich links von uns befand, war in ein fremdes Territorium eingedrungen und hatte den ansässigen »Herrscher« herausgefordert. Daraufhin hatten sich die Revierbesitzer versammelt, um dem Eindringling eine Lektion zu erteilen. Und wir waren mitten in die Auseinandersetzung hineingeraten.
Irgendwann verstummten die Kampfgeräusche. Es war nun ganz klar:
Der Eindringling war getötet worden. Wir haben es zwar nicht gesehen, aber alle Zeichen sprachen dafür. Eine ganze Weile gab das Löwenrudel noch sein gemeinsames Konzert, mit dem die Löwenfamilie ihre Herrschaft über das Territorium verkündete, und vermutlich liefen sie um den getöteten Löwen herum. Während die Löwen noch ihren Sieg »feierten«, machten wir uns auf den Rückweg.
Später erzählte man mir, dass kein Ranger jemals zuvor solch eine gefährliche Situation hautnah erlebt hatte. So einzigartig sind nur Naturabenteuer!
Ein aggressiver Leopard ganz in der Nähe
Als wir zurückgingen, trafen wir einen Wildhüter, der mit einem Geländewagen unterwegs war und uns erzählte, dass er in der Nähe einen Leoparden gesehen hatte. Wir hatten uns gerade von dem Schock der Löwenbegegnung erholt, waren aber physisch noch sehr mitgenommen. Einen Leoparden wollten wir uns trotz allem auf keinen Fall entgehen lassen. Als ob wir plötzlich neue Energie getankt hätten, liefen wir nun schnellen Schrittes dorthin, wo die Raubkatze gesichtet worden war.
Der Leopard ist im dichten Busch deutlich gefährlicher als ein Löwe
Einen Leoparden zu Fuß zu erleben, ist ein absolutes Highlight. Es gibt viele Leute, die sich monatelang in der Wildnis aufgehalten haben und diese äußerst scheuen Räuber nicht ausfindig machen konnten. Sie sind überall, aber man sieht sie nicht. Nur ihre Fußabdrücke und ihre teilweise in den Bäumen hängenden Opfer verraten ihre Anwesenheit. Ein Leopard ist aus meiner Sicht viel gefährlicher als ein Löwe. Er ist viel besser getarnt, er bewegt sich unauffälliger im Busch und ist wesentlich flinker, unberechenbarer und geschickter als ein Löwe. Er ist schlicht und einfach die erfolgreichste und gefährlichste Großkatze Afrikas.
Der Leopard greift uns an
Wir liefen durch den dichten Busch und hielten Ausschau nach dem geschmeidigen Räuber. Als wir die Stelle erreichten, wo der Leopard sich hätte aufhalten sollen, war es totenstill und außer seinen Fußabdrücken fanden wir nichts. Der Ranger meinte, ab sofort müssten wir höchst wachsam sein. Denn wenn man nicht weiß, wo der Leopard ist, ist man ihm hilflos ausgeliefert. Nichts fürchteten die Wildhüter mehr als einen versteckten Leoparden. Der Ranger hielt seine Waffe mit der Hand am Abzug, während ihm der Angstschweiß das Gesicht herunterlief. Der Fährtenleser suchte für sich und mich je einen langen Stock aus hartem Holz zur Verteidigung. Schritt für Schritt folgten wir den Fußabdrücken durch das dichte Gebüsch. Plötzlich bewegte sich etwas blitzartig im Gestrüpp und ein Leopardenweibchen kam fauchend auf uns zugeschossen. Ich merkte, wie die Wildhüter es mit der Angst zu tun bekamen. Ihre total gestressten und verunsicherten Gesichtsausdrücke werde ich nie vergessen. Da der bewaffnete Ranger vorne ging, dachte ich, dass der Leopard zunächst ihn anspringen würde. Als das Raubtier ganz nah war, begannen die Wildhüter, das Tier anzuschreien, und klopften mit ihren Händen auf ihre Schenkel. Sie machten sich größer und demonstrierten ihre Stärke und Aggression, obwohl sie genauso viel Angst hatten wie ich. Tatsächlich blieb der Leopard stehen und wirkte total verdutzt.
Eine weitere Gefahr droht uns von hinten
Als die Katze sich zurückzog, liefen wir in die entgegengesetzte Richtung und wurden plötzlich mit etwas noch Furchteinflößenderem konfrontiert. Ich glaubte meinen Augen nicht, als ich sah, was uns den Rückweg versperrte. Meine Knie zitterten wie die Lippen des Rangers, der neben mir stand. Ein riesengroßes Leopardenmännchen stand uns fauchend gegenüber. Es ging mit angelegten Ohren in die Angriffsposition und schaute uns so aggressiv an, dass man allein davon hätte ohnmächtig werden können. Während ich an mein Testament dachte, schlug der Fährtenleser mit seinem Stock wie verrückt auf einen Baum ein und schrie dabei lautstark die Katze an. Als auch der Ranger begann, Krach zu machen, ergriff der Leopard die Flucht und verschwand im dichten Busch. Ein paar Sekunden später sahen wir die beiden »Jäger« zusammen weiterlaufen. Es waren wohl zwei Leoparden, die sich paaren wollten oder dies bereits vollzogen hatten. Normalerweise sind diese Raubkatzen Einzelgänger. Außer zur Paarungszeit sieht man in der Wildnis nur Muttertiere und ihre Kinder zusammen. Ansonsten sind sie immer allein unterwegs.
Eigentlich hatten wir riesiges Glück im Unglück. Hätten wir das Leopardenweibchen gleich gesehen und uns zu seiner Beobachtung ins Gras gesetzt, hätten wir von dem Leopardenmännchen von hinten angegriffen werden können, da wir von seiner Anwesenheit keinen blassen Schimmer hatten.
Einem Leoparden bei einer Zu-Fuß-Safari über den Weg zu laufen, ist äußerst selten. Einem Leopardenpärchen im Busch zu begegnen, ist einzigartig. Von beiden Tieren attackiert zu werden und dies zu überleben, ist wie ein Wunder. Dafür bedanke ich mich bei meinem Schutzengel und den exzellenten Wildhütern, die stets professionell gehandelt haben.
Das Leben ist zu kurz für Langeweile 😊