Der Manuel-Antonio-Nationalpark in Costa Rica ist einer der Hauptattraktionen des tropischen Landes. Eine Landzunge mit einem Wald ist die Heimat von zahlreichen Tieren, die täglich von Touristen aus aller Welt bewundert werden.
Die Weißschulter-Kapuzineraffen gehören zu den prominentesten und interessantesten Tieren, die man hier finden kann. Sie durchstreifen die Wälder und Strände des Nationalparks in Gruppen von etwa 10 bis 20 Tieren. Woanders muss man diese Affen lange suchen und wenn man Glück hat, erhascht man einen Blick auf diese extrem intelligenten Wesen, bevor sie in den Wald verschwinden. Nicht so hier!
Im Manuel Antonio National Park trifft man diese Primaten relativ häufig, die ständig in “diebischer Mission” unterwegs sind. Die sehr schlauen Tiere haben gelernt, dass überall, wo Touristen hinkommen, sie ihre Picknick-Körbe mitbringen, die lauter Leckereien beherbergen. Sie wissen ganz genau, dass jeder Mensch irgend etwas Essbares oder Trinkbares mit sich führt und wenn sie geduldig warten, macht der Mensch in der Regel irgendwann einen Fehler und dann ist ihnen eine fette Mahlzeit gesichert. Somit braucht man hier nicht nach den Affen zu suchen; sondern sie suchen eher nach uns Menschen!
Immer angeführt von einem dominanten und mutigen Männchen kommen die Horden an und inspizieren zunächst die Lage.
“Was gibt es hier zu holen, wie kann ich da herankommen und wer wird mich daran hindern können?” Diese drei Fragen müssen wohl die wichtigsten für diese kleinen Räuber sein. Sie wissen sehr genau, dass sie Frauen besser einschüchtern können, als Männer. Zwischen den Männern spüren sie, wer der Stärkere und wer der Schwächere ist und nehmen sich dann die schwächsten Menschen in einer Gruppe vor.
Sie belagern die Menschen und beobachten diese mit einem eher gelangweilten oder unbeteiligten Gesichtsausdruck. Das ist alles nur Show, damit die Menschen denken, dass sie von diesen possierlichen Tieren, die nur etwa drei Kilogramm wiegen, nichts Böses zu erwarten haben.
Sobald die Touristen sich sicher fühlen und denken, dass sie jetzt ihr Mittagessen zu sich nehmen können, geht der Angriff los und läuft immer gleich ab:
Die Touristen holen ihre Lebensmittel aus ihren Rucksäcken und Taschen und wollen es sich unter einer schönen Palme, mit dem Blick zum türkisenen Meer gemütlich machen und essen.
Sobald die Tüten mit dem Obst und Brot draußen sind, stürmen die kleinen “Räuber” von den Bäumen hinab und stehlen die Tüten und Taschen, in denen sie etwas Fressbares vermuten. Im Nu sind sie auf den Bäumen und fressen all das, was die Menschen in den Park getragen haben. Sie haben gelernt, Tüten und Taschen zu öffnen – Sie kennen Tetra Packs und wissen, dass man ihren flüssigen Inhalt auch trinken kann und sie sind so gut darin, dass man vergisst, dass sie eigentlich Tiere sind.
Weißschulter-Kapuzineraffen gehören zu den intelligentesten Tieren auf unserem Planeten – Es wurde sogar der Gebrauch von Werkzeugen von diesen Tieren dokumentiert. Man hat beobachtet, wie sie z.B. Holzstöcke verwenden, um eine Schlange zu vertreiben. Wenn man sich die Kapuzineraffen dieses Parks anschaut, merkt man, dass sie noch zu vielem mehr fähig sind. Was sie besonders erfolgreich macht, ist ihre Geschicklichkeit, gepaart mit ihrer Geschwindigkeit. Sie sind extrem flink und mit ihren kleinen Fingern stets treffsicher!
Affen können lügen
Lange haben die Wissenschaftler geglaubt, dass nur wir
Menschen lügen können. Die Weißschulter-Kapuziner-Affen haben gezeigt, dass
dies ein Irrglaube war.
In dieser Affengesellschaft muss ein rangniedriges Tier dem Ranghöheren
gehorchen. Wenn ein rangniedriges Tier etwas Leckeres wie z.B. ein Vogelei
findet, muss der Affe das Ei einem ranghöheren Tier übergeben, wenn der „Vorgesetzte“
sich in der Nähe befindet. Soweit so gut. Um dieses häufige Problem zu umgehen,
lügen die Tiere. Wenn ein rangniedriges Tier etwas Leckeres findet, sendet der
Affe erfundener Weise ein Warnsignal aus, wie z.B. „Vorsicht Schlange“ oder „Vorsicht
Raubkatze“. Mit diesem Signal flüchten alle Affen so schnell sie können und der
Lügner kann in Ruhe sein Ei aufessen, ohne dass es ihm weggenommen wird. Es ist
eine geniale Methode, um in der Affengesellschaft nicht zu verhungern.
Ich bin auf meiner ersten Reise eine komplette Woche mit ihnen durch den Dschungel gelaufen und hatte das Glück, den ganzen Tag diese wunderbaren und intelligenten Tiere zu beobachten. Es war immer wieder herrlich zu sehen, wie sie ihre Angriffe organisierten und genau im passenden Augenblick zuschlugen. Die Beobachtung der Reaktionen der Menschen war übrigens genauso interessant. Manche waren verängstigt, andere waren amüsiert und wiederum andere komplett schockiert. Manch einer trauerte hinter seinem Butterbrot her usw. Für mich war das eine lehrreiche Zeit, in der ich die Beziehungen zwischen den opportunistischen Tieren und Touristen beobachten konnte. Abgesehen davon, habe ich mich sehr amüsiert über diesen ungleichen Kampf, in dem die drei Kilogramm schweren Affen uns Menschen weitaus überlegen waren.
Das Bild unten zeigt den sehr mutigen Anführer der Bande, die ich jeden Tag beobachtete. Dieses Foto habe ich aus wenigen Zentimetern aufgenommen, nachdem er sich an mich gewöhnt hatte.