Sony`s „Eierlegende Wollmilchsau“ im Härtetest
Mit der DSC-F828 in Afrika
Als Sony die professionell anmutende „ Allroundkamera“ ankündigte, freute ich mich über die spektakulären technischen Daten dieser Kamera und entschied mich spontan für den Kauf einer „DSC-F828.“ Was der Testkandidat wirklich leistet, habe ich in einem Härtetest auf einer Reise durch Südafrika herausgefunden.
Für die Fertigstellung meines ersten Buches bin ich im Februar 2004 zum zehnten Mal nach Südafrika geflogen, um bestimmte Bildideen zu realisieren und einige erforderliche Informationen zu sammeln. Bei der Reisevorbereitung kam mir der Gedanke, zusätzlich zu meiner digitalen Spiegelreflexausrüstung die neue Sony DSC-F828 mit auf die Reise zu nehmen, um diese sechs Wochen lang auf „Herz und Niere“ zu testen. Es gibt viele Situationen, wo der Einsatz einer großen Spiegelreflexkamera und entsprechender Objektive eingeschränkt oder unmöglich ist. Zum Beispiel möchte ich die teuere Spiegelreflexausrüstung in gefährlichen Situationen nicht mit in die Gefahrenzone nehmen. Oder auch bei großen Wanderungen habe ich einfach keine Lust, schweres Equipment mit mir herum zu schleppen. Nicht nur in solchen Situationen ist die Sony eine sehr gute Alternative, denn sie ist sehr flexibel, relativ klein, leicht und viel preiswerter als eine digitale Spiegelreflexausrüstung.
Die wichtigste Frage war für mich: „Könnte die Sony ein Ersatz für meine Spiegelreflexkamera werden?“
Nun zu meinen Erfahrungen mit der „828“
Zunächst die positiven Eigenschaften der Kamera: Sony hat sich für die Ergonomie dieser Kamera ein großes Lob verdient. Sie liegt hervorragend in der Hand. Die Bedienelemente sind logisch angebracht, deswegen lässt sich die Kamera intuitiv bedienen. Der hintere Teil des Gehäuses ist drehbar und ermöglicht Aufnahmen aus ungewöhnlichen Perspektiven, wie z.B. über den Kopf oder direkt vom Boden aus, und das ohne große Mühe. Diese Möglichkeit, die Bilder mit ausgestrecktem Arm aus einiger Entfernung gestalten zu können, hat mir bei meinen Weitwinkelaufnahmen aus extremen Perspektiven sehr viel geholfen. Damit ist die „828“ flexibler als meine Spiegelreflexkamera. Das Gehäuse macht einen wertigen und stabilen Eindruck. Den ersten Härtetest bestand die Kamera am fünften Tag meiner Reise. Als ich bis zum Bauch im atlantischen Ozean stand, und Pinguine fotografierte, erwischte mich überraschend eine große Welle, die leider auch die Sony untertauchte. Danach waren die meisten Funktionen der Kamera nicht mehr einstellbar.
Ich konnte aber trotzdem weiterhin mit den zuvor vorgenommenen Einstellungen brauchbare Bilder machen. Überraschenderweise erholte sich die Kamera von der „Salzwasserattacke,“ und nach einer Weile wurden immer mehr Tasten wieder funktionsfähig. Zu meiner Freude funktionierte die Kamera nach etwa 14 Tagen wieder tadellos, als ob nichts passiert wäre. Entweder habe ich wirklich großes Glück gehabt, oder die Kamera ist ganz besonderes strapazierfähig. In Deutschland hatte ich bereits vor der Reise bei minus 10 Grad am See, bei Regen und im „Hannoverschen Tropenhaus“ einige Testaufnahmen gemacht. Überall funktionierte die Kamera ohne Probleme. Der Zoomring und der Scharfstellring sind gut erreichbar. Die zahlreichen Knöpfe und Rädchen erleichtern die vielen Einstellmöglichkeiten, die sonst in den Menüs versteckt sein würden. Ein großer Vorteil der Sony gegenüber einer Spiegelreflexkamera ist folgender:
Die „828“ ist erheblich leiser als jede Spiegelreflexkamera, weil sie keinen Spiegel besitzt. Wenn man alle Pieptöne der Kamera per Menü ausschaltet, entpuppt sie sich als eine fast geräuschlose Kamera. Eine exzellente Sache für die Tierfotografie, oder überall dort, wo Kamerageräusche unerwünscht sind. Dadurch, dass die Sony keinen Spiegel hochzuklappen braucht, entstehen auch weniger Verwackelungen im Gehäuse, die zu unscharfen Aufnahmen führen könnten. Mit dieser Kamera habe ich stets ein super lichtstarkes Carl Zeiss T* Objektiv mit einem großen Brennweitenbereich (equivalent mit Kleinbild = 28-200mm f 2-2,8) dabei. Die kürzeste Naheinstellgrenze des Objektivs beträgt bei 28mm Brennweiteneinstellung nur zwei Zentimeter. Für mich eine hervorragende Eigenschaft, da ich gerne mit Weitwinkel aus der Nähe fotografiere. So bin ich mittendrin und nicht nur dabei! Bei 2oomm Brennweite, auf Makromodus geschaltet, kann ich eine Schnecke von etwa 13cm Länge Format füllend fotografieren. Schraube ich eine Nahlinse mit einer Stärke von +4 Dioptrien vor das Objektiv, so kann ich einen Grashüpfer mit einer Länge von ungefähr 4,5 cm Format füllend abbilden. Damit verwandelt sich das Megazoom zu einem brauchbaren Makroobjektiv. Durch den sehr viel kleineren Aufnahmechip (11mm-Typ 2/3) im Vergleich zu den Spiegelreflexkameras vergrößert sich die Schärfenzone bei der gleichen Blendenzahl, und das ist wiederum vorteilhaft für die Makrofotografie. Ich kann mit der Sony bei Blende 8 eine viel größere Schärfentiefe erreichen, als mit einer Spiegelreflexkamera bei gleicher Blende. Dies bringt einen weiteren Vorteil mit sich: Ich bin in der Lage, mit höheren Geschwindigkeiten zu arbeiten, die weniger verwacklungsanfällig sind.
Der auf Laser basierende Autofokus schlägt bei schwachem Licht alle Autofokusmodelle anderer Kamerahersteller. Während die auf Infrarotbasis gebauten Autofokussysteme ihren Dienst bereits bei schwachem Licht verweigern, stellt die Sony selbst bei totaler Dunkelheit scharf und liefert gute Aufnahmen.
Im Normalmodus fokussiert die Kamera mit einem „Multipoint AF,“ das einen großen Bereich des Suchers abdeckt. Mit einem Druck auf den Joystick auf der Rückseite der Kamera wähle ich den mittleren Autofokuspunkt und mit einem weiteren Druck auf den Joystick kann ich den Fokuspunkt fast überall auf den Sucher verschieben und somit völlig unbeschwert und frei meinen Fokusbereich wählen.
Die mächtige „828“ liefert 8 Millionen Pixel, die für großformatige Prints ausreichend Details liefern. Die volle Pixelzahl steht mir aber nur dann zur Verfügung, wenn ich im 3:4 Format fotografiere. Bei der Wahl des gewohnten 2:3 Formates (Kleinbildformat) habe ich nur noch etwa 7 Millionen Pixel zur Verfügung. Diese sind aber durchaus ausreichend, um damit mindestens ein 30 x 45 cm großes Poster in guter Qualität ausbelichten zu lassen.
Im Wiedergabemodus steht mir eine sehr gute und leicht zu bedienende Lupenfunktion zur Verfügung. Damit können die Schärfe und die Details der Aufnahmen vor Ort kontrolliert werden. Die Sony kann im Gegensatz zu digitalen Spiegelreflexkameras auch Videos mit Ton aufzeichnen, und das mit der VGA-Auflösung, vorausgesetzt man verwendet eine schnelle Memorystick Pro. Es gibt Situationen, wo bewegte Bilder mit Ton interessanter als Fotos sind.
Der „Night-Shot-Modus“ der Kamera funktioniert wie ein Nachtsichtgerät. Bei dieser Einstellung kann ich sowohl monochrom fotografieren, als auch filmen, oder ganz einfach die Kamera als Nachtsichtgerät verwenden. Mit optional erhältlichen Infrarotlampen kann der normale Sichtbereich der Kamera, der zwischen 0,5m und 2,1m liegt, vergrößert werden, um z.B. nachtaktive Tiere zu beobachten. In diesem Modus zündet der Blitz nicht, die Kamera fotografiert automatisch mit ASA 1600. Diese ASA-Zahl ist nur in diesem Modus erreichbar, alle anderen Programme erlauben eine Einstellung von max. 800 ASA. Der „Night-Framing-Modus“ hingegen lässt eine Zuschaltung des Blitzes zu, auch die ASA-Einstellung ist frei wählbar und liefert farbige Bilder.
Ein weiterer Pluspunkt gegenüber meiner Spiegelreflexkamera ist folgender: An den Videoanschluss der Kamera kann ein Bildübertragungssystem angeschlossen werden, welches per Funk gesteuert wird. Dadurch bin ich in der Lage, aus weiter Distanz das zu sehen, was ich durch den Sucher der Kamera sehen würde. Somit kann ich auch per Funkfernsteuerung Bilder machen, ohne mich selbst bei der Kamera aufzuhalten. Bei gefährlichen Tieren oder solchen, die sich durch die Anwesenheit des Fotografen gestört fühlen, ist das eine wunderbare Einsatzmöglichkeit.
Die „828“ kann auch externe Blitzgeräte zünden, die nicht unbedingt die Hauseigenen sein müssen. Alle Blitzgeräte mit einem Mittenkontakt, die auf den Zubehörschuh der Sony passen, können verwendet werden. Sehr lobenswert ist die exzellente Belichtungsmessung der Kamera, die, wie ich finde, sogar besser als viele Spiegelreflexkameras funktioniert. Durch den Einsatz des neuen 4-Farbfilter (RGBE) Bildwandlers liefert die Kamera tatsächlich, wie Sony es ankündigte, sehr natürliche Farben. Die Vordergrundaufhellung durch das Blitzen wird prima von der Kamera dosiert und bedarf keiner Korrektur. Der mitgelieferte Akku der Sony ist sehr ausdauernd und liefert genügend Energie für weit mehr als 200 Aufnahmen.
Die Möglichkeit, auf zwei verschiedenen Kartentypen schreiben zu können, ist fortschrittlich. Der Testkandidat schreibt auf Memorystick und auf Kompaktflashkarten, allerdings gibt es da noch etwas klar zu stellen. Die relativ hohe Geschwindigkeit der Kamera kann nur ausgenutzt werden, wenn im JPG-Format fotografiert wird und eine schnelle Memorystick PRO benutzt wird. Somit sind sieben Serienbilder nach etwa acht Sekunden gespeichert. Auf einer CF-Karte dauert derselbe Vorgang genau 3x länger, also 24 Sekunden. Das heißt im Klartext: Wer schnell reagieren muss und flexibel sein möchte, ist gezwungen, die teueren Memorystick PROs zukaufen. Die Möglichkeit, auf Kompaktflashkarten zu schreiben, war für Sony wohl ein Kompromiss, die Profis zu locken, die solche Karten für ihre Spiegelreflexsysteme bereits besitzen. Ich habe die CF-Karte nur als Speicherüberlauf benutzt. Wenn während des Fotografierens die Memorystick voll wurde und ich keine Zeit hatte, um eine neue einzulegen, dann habe ich einfach auf der Kompaktflashkarte gespeichert.
Die Schwächen der Kamera:
Das größte Problem der „828“ ist das Bildrauschen bei höheren ASA-Einstellungen. Um es auf den Punkt zu bringen: Die „Super-Sony“ liefert nur bei ASA 64 gute Bilder, diese waren jedoch im Vergleichstest noch nicht so gut und rauschfrei wie die meiner Canon EOS D60 bei ASA 100. Je höher die ASA-Zahl, umso unbrauchbarer die Ergebnisse, vor allem bei schlechtem Wetter. Für die meisten Situationen bei meiner Arbeit brauche ich nicht unbedingt höhere ASA-Einstellungen. Die Fotografen, die dies benötigen, sollten lieber mit digitalen Spiegelreflexkameras arbeiten, die deutlich weniger Probleme mit dem Bildrauschen aufweisen. Ich habe bei Bedarf lieber den Blitz dazugeschaltet, statt die ASA-Zahl zu erhöhen.
Bei der Night-Shot-Funktion, wo die Kamera ASA 1600 vorwählt, sind die Bilder sehr verrauscht. Diese kann man zwar für Studien, Dokumentationen oder Spionagezwecke verwenden, aber viel mehr ist nicht drin.
Die „Night-Framing-Funktion“ eignet sich leider nicht für den Nahbereich. Als ich nachtaktive Insekten damit ablichten wollte, stellte ich fest, dass der Laserautofokus die Tiere, die eine kleinere Distanz als etwa 10 cm zum Objektiv aufwiesen, gar nicht erfassen konnte. Der Laserstrahlengang und die optische Achse haben einen Abstand von etwa drei cm zueinander und das macht Probleme bei der Scharfstellung. Je näher der Fotograf an die kleinen Dinge heran rückt, umso schlimmer wird es. Bei allen anderen Situationen funktioniert diese Option tadellos.
Die „Profi-Sony“ kann zwar die Daten in JPG-, TIFF- und RAW-Format speichern, jedoch kamen die TIFF- und RAW-Varianten für mich nicht in Frage, weil diese relativ großen Daten viel zu lange Speicherzeiten benötigten. Dies ist für die Tier- und Sportfotografie nicht tolerierbar. Wenn der Zwischenspeicher der Kamera voll ist, löst sie solange nicht aus, bis einige Megabytes Platz frei werden. Dazwischen könnten dem Fotografen wertvolle Aufnahmen entgehen. Demzufolge war ich gezwungen, mich mit dem JPG-Format zufrieden zu geben.
Für Studiofotografen oder Landschaftsfotografen macht es Sinn, die RAW-Variante zu wählen, womit man eine noch höhere Bildqualität erzielen kann. TIFF-Format macht zwar für die Lagerung der Bilder im Archiv Sinn, als Aufnahmeformat jedoch nicht.
Beim Blitzen im Weitwinkelbereich mit dem eingebauten Blitz musste ich immer die Sonnenblende abnehmen, da diese einen runden Schatten im unteren Bereich des Bildes verursacht. Abgesehen davon hat die Sonnenblende keinen guten Halt. Sie verdreht sich leicht und verursacht Vignettierungen an den Bildecken.
Die Zahlen, Buchstaben und Symbole auf dem Monitor sind viel zu klein geraten und sind schlecht lesbar.
Verbesserungsvorschläge:
Sony sollte das Problem mit dem Bildrauschen unbedingt ernst nehmen und etwas dagegen tun.
Ein Bildstabilisator wie bei der Minolta Dimage A2 und Panasonic DMC-FZ10 könnte noch viel mehr Käufer für diese Kamera überzeugen. Ich würde mir für meine Arbeit eine ähnliche Kamera wünschen, die aber einen Brennweitenbereich von 24-300mm aufweist. Dann wäre ich auch bereit, dafür den doppelten Preis zu bezahlen.
Fazit:
Die Bildqualität der Sony DSC-F828 ist bei ASA 64 sehr gut, kommt aber noch nicht an die Qualität von den digitalen Spiegelreflexkameras heran. Dafür ist sie in punkto Flexibilität besser als jede Spiegelreflexkamera. Sie ist zwar noch kein Ersatz für eine digitale Spiegelreflexausrüstung, wohl aber eine sehr gute Ergänzung. Der Marktpreis von rund 1000 Euro ist gerechtfertigt und für die Leute, die nur eine Allroundkamera auf ihre Reise mitnehmen, eine sehr gute Alternative.
Die Testkandidatin weist zwar einige Schwächen auf, aber die Summe ihrer Stärken macht sie zu einer mächtigen Kamera, die besonders durch hohe Flexibilität glänzt.