Paviane würden jeden Menschen zerfleischen, der versuchen würde, ihren Babys zu nahe zu kommen. Sie sind in der Lage, sogar einen Leoparden zu töten. Die Schneidezähne der männlichen Paviane sind größer, als die der männlichen Löwen und gemeinsam sind Paviane eine wehrhafte und starke Truppe. Sie sind extrem intelligent und flink noch dazu.
Zusammenarbeit mit einer Tierschutzorganisation
Im Jahr 2010 entstand eine Kooperation zwischen einer Tierschutzorganisation in Südafrika und meiner Wenigkeit. Die Tierschützer wollten mit einer Werbekampagne für den Schutz der Paviane werben und benötigten hierfür emotionale und einzigartige Bilder und Videos. Um ihnen hierbei zu helfen, flog ich dorthin und lernte zuerst eine 80-Jährige Dame namens Rita kennen, die sich seit Jahrzehnten für den Schutz der Paviane einsetzte. Sie war voller Liebe für diese Tiere und hatte bis dahin alles in ihrem Leben dem Schutz der Paviane gewidmet.
Nach einem ausgiebigen Gespräch mit Rita, die die Paviane aus ihrer Umgebung bestens kannte, habe ich mir vorerst einen Überblick verschafft, mit welcher Pavian-Truppe ich es zu tun habe.
Die Hierarchie in einer Pavianfamilie
Jede Familie wird von einem dominanten Pavianmännchen angeführt, gefolgt von subdominanten Männchen, die jeweils auf ihre Chance warten, um selbst einmal an der Spitze der Gruppe zu stehen. Danach kommen die Weibchen mit ihrem jeweiligen Status in der Truppe. Diese Ränge zwischen den Weibchen werden nicht wie bei den Männchen per Kampf bestimmt, sondern von Mutter zu Tochter weitervererbt.
Diese extrem intelligenten und interessanten Tiere benötigen rund sechs Stunden pro Tag für die Nahrungssuche. In den restlichen verbleibenden sechs Stunden, an denen es Tageslicht gibt, versuchen die Paviane, den anderen Mitgliedern der Gruppe das Leben zur Hölle zu machen. Es gibt häufig Rangkämpfe zwischen den Männchen und Terror zwischen den anderen Mitgliedern – diese Primaten sind uns Menschen doch sehr ähnlich.
Emotionale Bilder für den Schutz der Paviane
Ich wollte von den Tieren sehr emotionale, ja sogar intime Aufnahmen bekommen, womit wir für ihren Schutz werben konnten. Da ich das Verhalten der Paviane bereits seit vielen Jahren studiert hatte, wusste ich, wie ich mit ihnen umzugehen hatte, um mein eigenes Leben nicht zu riskieren, die Tiere auf keinen Fall zu stören und trotzdem zu guten Bildern zu kommen.
Rita hatte mir erzählt, dass es in ihrer Pavian-Gruppe einige sehr starke Männchen gibt, die vor Kraft nur so strotzen. Diese waren sogar so frech, dass sie hin und wieder Menschen attackierten – vor allem Frauen; jedoch nicht nur. Die Ranger, die dort arbeiteten, liefen mit langen Holzstöcken herum, um sich die Paviane vom Hals zu halten. Die Frauen in der Station durften nicht alleine raus, sondern immer nur in einer Gruppe oder begleitet von einem bewaffneten männlichen Ranger. Die Mitarbeiter der Hilfsorganisation kümmerten sich um die 600 Problem-Paviane, die in zahlreichen Großgehegen untergebracht worden waren. Diese Paviane waren nicht die gefährlichen, sondern die wilden Paviane, die draußen lebten und die ganze Zeit versuchten, das Futter zu stehlen, welches für ihre Artgenossen gedacht war, die in den Gehegen lebten.
Die intelligenten Räuber
Die freilebende “Räuberbande” belagerte fast den ganzen Tag das Gelände der Tierschutzorganisation und plünderte hin und wieder den Vorratsspeicher, worin das Futter für die Paviane gelagert war, die in den Gehegen lebten.
Es war für mich äußerst amüsant, zu beobachten, wie diese Tiere versuchten, an das Futter heranzukommen und was sie sich alles dazu einfallen ließen.
Ein riskanter Plan
Am ersten Nachmittag und Abend habe ich mir einen Überblick verschafft, ohne zu fotografieren. Dann habe ich einen riskanten Plan entwickelt und am darauffolgenden Tag ging es bei Sonnenaufgang los. Ich wollte mich in die freilebende Pavian-Gruppe integrieren – mit ihnen die ganzen folgenden Tage verbringen und tief in ihre Hierarchie eindringen. Es war mir sehr wohl bewusst, dass die “Soldaten” der Truppe mich hätten angreifen, verletzen oder gar töten können; jedoch sagte mir mein Urinstinkt, dass ich es schaffen kann.
Mit positiver Energie zum positiven Bild
Somit schnappte ich mir meine Fotoausrüstung und ging alleine und unbewaffnet zu den freien Pavianen, die gerade seit kurzem wach geworden waren und auf der Suche nach ihrem Frühstück waren. Ich wusste, dass ich mit sehr großem Selbstbewusstsein, ohne jegliche Angst und Aggressionen da hinein marschieren muss, damit ich mir einen Platz in der Gruppe ergattern kann, ohne dass ich bald das nächste Krankenhaus hätte aufsuchen müssen. Die wichtigsten Botschaften, die ich ohne Worte senden musste waren demnach die folgenden:
Ich habe keine Angst – Ich bin stark; fordere jedoch niemanden heraus – Ich bin nicht aggressiv und komme in friedlicher Absicht!
Immer wieder wiederholte ich diese Sätze vor meinem geistigen Auge, damit ich auch genau diese Einstellung ausstrahlen konnte. Die Tiere spüren diese “Energie”, die ich ohne Worte sende aus großer Distanz – egal, ob ich es mit Löwen, Pavianen oder Hunden usw. zu tun habe. Sie haben noch diese Instinkte, die leider bei uns Menschen weitestgehend verloren gegangen sind.
Intime Bilder von Pavianen aus nächster Nähe
Mit dieser positiven und starken Energie bin ich zu den Tieren hin und habe mich mitten in die Gruppe am Flussrand hingesetzt und zunächst ihre Reaktionen abgewartet. Sie beäugten mich etwas skeptisch, weil sie wussten, dass ich ihnen hätte gefährlich werden können. Nach wenigen Sekunden war meine Botschaft angekommen und die Tiere fingen an, mich zu ignorieren. Das ist das beste Zeichen, was ein Tierfotograf von seinen “Models” bekommen kann. Sie wussten ab sofort, dass ich weder eine Bedrohung war, noch eine leichte Beute. Somit wurde ich zu einem neutralen Gruppenmitglied. Ich legte mich auf meinen Bauch und fotografierte die Tiere, wie sie den sandigen Boden neben dem Fluss nach etwas Fressbarem durchsuchten.
Einige von ihnen waren auf den Feigenbäumen am Flussrand und hielten Ausschau. Während des Tages kamen vor allem die Jungtiere und die Weibchen etwas näher, beobachteten mich neugierig und verschwanden wieder. Die Männchen waren nicht so sehr an mir interessiert. Ich machte an diesem Tag jede Menge Fotos, die mir bei der abendlichen Sichtung am Computer sehr gut gefallen haben. Die richtig spektakulären Bilder sollte ich jedoch am darauffolgenden Tag bekommen.
Ich musste das Vertrauen des Alphamännchens gewinnen
Inzwischen wusste ich, wer das Alphamännchen und wer das ranghöchste Weibchen war und ich machte es mir zur Aufgabe, mich am darauffolgenden Tag in ihrer Nähe aufzuhalten, um einen relativ hohen Rang in der Gruppe zu ergattern, ohne dafür gekämpft zu haben. Wenn die ranghöchsten Tiere in der Gruppe meine Nähe akzeptieren würden, dann würde mein Ansehen in der Gruppe steigen und mir ermöglichen, dass die rangniederen Tiere für eine Kontaktaufnahme zu mir kommen würden.
Wenn das Alphamännchen Dich ignoriert, gehörst Du zur Familie
Es war ein sehr riskantes Unterfangen; hat jedoch genauso funktioniert, wie ich es im Voraus erahnt hatte. Ich bin gleich beim Sonnenaufgang zur Gruppe gelaufen, suchte mir das Alphamännchen und klebte an seinen Fersen. Es war ein mächtiges Tier mit zahlreichen Kampfspuren an seinem Körper und es war sich sehr bewusst, dass es sehr stark war. Sein Gang verriet schon aus der Ferne seinen hohen Rang in der Gruppe. Es hatte keinerlei Angst vor mir, genauso wenig wie ich vor ihm. Somit liefen wir gemeinsam und gemächlich durch die Landschaft entlang des Flusses. Dieser Pavian war der Meister darin, mich komplett zu ignorieren, was für mich natürlich sehr schön war, weil ich authentische Bilder bekommen wollte. Er hat neben mir gesessen, gegessen, sich ausgeruht und zwischendurch andere Paviane verprügelt, die ihm nicht genügend Respekt entgegengebracht hatten. Also alles perfekt! Die Ranger und Mitarbeiter der Tierschutzorganisation waren komplett verblüfft, dass die Paviane mich bereits am ersten Tag in ihrer Gruppe aufgenommen hatten, und das sogar ohne irgendwelche Aggressionen, Verletzungen oder sonstige Probleme. Was jedoch wenig später geschah, hat sogar mich persönlich schwer beeindruckt.
Das Wunder in der Wildnis – Benny Rebel als Babysitter für Paviane
Als ich vor dem Alphamännchen am Flussrand auf dem Bauch lag und ihn aus einem Meter Distanz beobachtete, wie er die von den Bäumen heruntergefallenen Samen fraß, kam plötzlich das ranghöchste Weibchen mit Ihrem Baby zu uns. Sie hat ihr Kind direkt vor meine Kamera hingelegt und ist weiter zum Alphamännchen gegangen und hat angefangen mit ihm die Samen des Baumes zu fressen. Sie hat mich praktisch als ihren “Babysitter” ausgesucht und vertraute mir ihr Kind an. Ich habe meinen Augen nicht geglaubt und wusste sofort, dass dies eine einzigartige Begegnung war.
Der “Prinz” der Truppe war ebenfalls sehr selbstbewusst und neugierig. Minutenlang marschierte er in einer Distanz von weniger als einem Meter zu mir und hat sich immer wieder hingesetzt oder auch hingelegt. Dabei schaute er direkt in meine Linse, während ich fleißig auf den Auslöser meiner Kamera drückte.
Ein Babysitter zu sein, ist riskant
Zwischendurch kontrollierte ich immer wieder das Verhalten der Tiere um mich herum, denn ich hatte mit dem Baby der Alphatiere hier zu tun und wenn das Kind “Hilfe” geschrien hätte, dann hatte ich sofort mehr als 100 Paviane am Hals gehabt, die dem Kind zu Hilfe kommen würden. Also musste ich sowohl die Situation fotografisch gut nutzen, als auch darauf acht en, dass ich den Zorn der Gruppe nicht auf mich ziehe.
Der “Prinz” und seine Familie ermöglichten es mir, Bilder aufzunehmen, die ich in dieser Art noch nie zuvor von anderen Fotografen gesehen hatte. Normalerweise ist es unmöglich ein wildes Pavianbaby ohne seine Mutter aus wenigen Zentimetern Nähe zu fotografieren.
Dies ist der größte Vertrauensbeweis, den eine Paviangruppe einem Menschen entgegenbringen kann!
Ich bin mir ganz sicher, dass diese freien und wilden Tiere, die auch durchaus aggressiv und gefährlich werden könnten, gespürt haben, dass ich nichts Böses im Schilde führte und dorthin gekommen war, um ihnen zu helfen. Deswegen haben sie auch mir geholfen, mein Ziel zu erreichen:
einzigartige Bilder für den Schutz der von mir so geliebten Paviane. Für mich persönlich war das eine der emotionalsten und schönsten Erfahrungen in meinem Leben und ich bin den Pavianen so lange ich lebe dankbar für diese wunderbare Begegnung!