Praxisbericht aus Afrika
(Dieser Artikel wurde in der Ausgabe 12 / 2003 der Zeitschrift NaturFoto veröffentlicht)
Der Staub, die Hitze, die ständigen Erschütterungen und Schläge hatten schon auf früheren Reisen einiges von meinem analogen Equipment außer Funktion gesetzt. Deswegen war ich bezüglich der Widerstandsfähigkeit der Geräte sehr skeptisch. Die Bildqualität meiner digitalen Kamera überzeugte mich schon vor der Reise durch einige Tests, die ich mit unterschiedlichen Objektiven gemacht hatte.
Die Kamera, die mit auf diese Reise ging, war die Canon EOS D60 mit diversen Objektiven von 14mm bis 400mm, verschiedene Stative und anderes Zubehör. Für die Speicherung der Daten habe ich ein Macintosh Powerbook G4 mit einem Super Drive mitgenommen. So war ich in der Lage, die tagsüber gemachten Bilder, abends auf CDs oder DVDs brennen zu können. Die 60 GB große Festplatte hatte ebenfalls Platz für einige tausend Bilder in der höchsten Qualität. Meine neue Arbeitsweise mit den digitalen Werkzeugen gestaltete sich als recht unproblematisch. Alles funktionierte zuverlässig, wenn auch etwas zu langsam. Dazu kommen wir aber erst später.
Zunächst Infos über den Rechner und die benötigte Software:
Um sich die in Raw-Format aufgenommenen Bilder genauer anschauen zu können, muß man die mit der Kamera gelieferte Canon Software (Image Browser) installieren. Mittlerweile liefert die Firma Adobe einen Raw-Converter für Photoshop 7, der die Raw-Formate verschiedener Kamerahersteller öffnen kann. Dies macht die Programme von Canon & Co. überflüssig.
Wer Photoshop 7 verwendet, ist mit dieser Lösung, die rund 120 Euro kostet, sehr gut bedient. Vor meinem Reisebeginn war dieses Programm leider noch nicht erhältlich, deswegen war ich gezwungen, für die Qualitätskontrolle immer statt Photoshop , das Programm Image Browser zu verwenden, welches nicht so leistungsfähig ist, wie Photo Shop 7 .
Für einen schnellen Überblick und die Archivierung der Bilder habe ich das Programm ACDSee verwendet. Es ist eine Bilddatenbank, die u.a. eine Diashowoption liefert und verschiedene Formate außer Raw-Daten lesen kann. ACDSee ist sehr intuitiv zu bedienen, aber dadurch, dass es nicht die Rohdaten aufmachen kann, ist es für eine Qualitätskontrolle nicht geeignet. Dieses Programm kann nur die kleinen Bilder (Thumbnails) öffnen, die die D 60 neben den Raw-Bildern mit der Endung “THM” automatisch speichert. Die Größe dieser Bilder reicht nur aus, um einen Überblick zu gewinnen und die Bilder zu katalogisieren und zu archivieren.
Für den Tagesbedarf habe ich insgesamt 6 GB an Compaktflash Karten und IBM Microdrives zur Verfügung gehabt. Ich brauchte aber nie mehr als 5 GB an einem Tag. Auf einer 1 GB Karte finden 141 Bilder in RAW-Format Platz. Da man die Möglichkeit hat, zwischendurch nicht gelungene Aufnahmen zu löschen, sammeln sich nicht so viele Bilder an wie bei der analogen Fotografie. Wer die Rohdaten nicht braucht, kann im JPG-Format fotografieren, was erheblich leichter zu verwalten und zu verwerten ist. Ein Bild in JPG-Format mit der höchsten Qualität braucht deutlich weniger Platz, als ein Foto im Raw-Format. Hier das ernüchternde Beispiel: Auf einer frischformatierten 1 GB Microdrive finden 141 Bilder im Raw-Format Platz, während auf der selben Karte in JPG-Format 414 Bilder bei der wohl bemerkt höchsten Qualität gespeichert werden können. Diese Angaben gelten nur bei ASA 100. Bei höheren ASA-Einstellungen werden weniger Bilder auf der Karte gespeichert. Bei ASA 1000 sind es genau 100 Bilder weniger als bei ASA 100. Die höhere Empfindlichkeit braucht mehr Platz auf der Karte.
Für die Übertragung der Bilder auf den Rechner habe ich mir drei verschiedene Wege offen gehalten. Zunächst die Variante der Direktübertragung von der Kamera zum Computer mittels mitgeliefertem USB Kabel und Canon`s Software. Diese Möglichkeit war sowohl langsamer, als auch aufwändiger, als die Übertragung per PCMCIA Kartenlesegerät. Eine weitere Art, diese Arbeit zu verrichten, war die Übertragung per USB Kartenlesegerät, was genauso, wie die erste Variante, langsam und umständlich war. Mittlerweile gibt es ein Kartenlesegerät, welches durch eine Firewire Schnittstelle rasant Daten überträgt. Ich habe leider erst nach meiner Reise von der Existenz dieser schnellen Datenübertragung erfahren. Der Datentransfer für eine 1GB Karte per PCMCIA dauert 12 Minuten. Wenn ich fünf Karten am Tag voll fotografiert hätte, hätte ich mir abends eine ganze Stunde Zeit nehmen müssen, um nur diese Bilder zu übertragen. Mit einer Stunde und fünfzig Minuten Transferzeit war die USB-Verbindung noch langsamer. Um die selbe Datenmenge mit dem neuen Firewire Kartenlesegerät zu übertragen, braucht man lediglich nur noch 25 Minuten. Eine USB 2.0 oder Firewire-Verbindung als Bestandteil der Kamera wäre wünschenswert gewesen. Das als Verbesserungsvorschlag für Canon-Ingenieure. Einige weitere Verbesserungen sind unbedingt notwendig, um völlig unbeschwert digital fotografieren zu können.
Verbesserungsvorschläge
Zunächst ist es völlig nervend, wenn man nach acht schnellen Aufnahmen eine Pause einlegen muss, weil der Zwischenspeicher der Kamera voll ist und die Daten erst auf die Compactflash-Karte geschrieben werden müssen. Das heißt im Klartext, man möchte fotografieren aber die Kamera löst solange nicht aus, bis auf dem Zwischenspeicher wieder einige Megabytes Volumen frei sind. Dazwischen können dem Fotografen wertvolle Aufnahmen entgehen. Damit habe ich auch schon das größte Problem auf meiner Reise erwähnt. Dies muss mit den nächsten Generationen deutlich verbessert werden. Die Betriebsbereitschaft der Kamera nach dem Einschalten ist ebenfalls nicht schnell genug und bedarf einer Beschleunigung. Die drei Autofokusfelder der D60 waren wirklich nicht Stand der heutigen Technik. Das Nachfolgemodell, EOS 10 D hat nun 7 AF-Felder, die wohl meinen Verbesserungsvorschlag diesbezüglich überflüssig machen. Etwas über den Tellerrand zu schauen und sinnvolle Technologien von anderen Herstellern zu übernehmen, hilft, bessere Werkzeuge zu bauen. So sollte man z.B. das auf Laser basierende Autofokussystem der Sony-Kamera DSC F717 auch in den Spiegelreflexsystemen von Canon und anderen Marken einbauen. Das funktioniert selbst bei totaler Dunkelheit zuverlässig, während die üblichen, auf infrarotbasierenden AF-Systeme der Kameras schon bei wenig Kontrast oder Dämmerungslicht ihren Dienst verweigern.
Eine lobenswerte Erfindung ist mir aus dem Hause Sigma aufgefallen. Die Ingenieure haben in ihrer digitalen Spiegelreflex SD9 einen genialen Sucher eingebaut. Das Bildfeld bei diesem Sucher ist erheblich größer als 100%. Man sieht durch den Sucher, was als nächstes durch das Bild laufen wird. Eine hervorragende neue Möglichkeit, die dem Fotografen helfen würde, besser zu gestalten und schneller zu reagieren. Der technische Aufwand für die Konstruktion dieses Suchers, ist überhaupt nicht nennenswert, zumindest für die Kameras, die keine Vollformatchips aufweisen. Das sollten auch andere Kamerahersteller dringend übernehmen. Das waren hier einige Verbesserungsvorschläge aus meiner Sicht. Meine positiven Erfahrungen und die Vorteile der digitalen Technik lesen Sie hier.
Warum digital?
Die Vorteile der digitalen Technik liegen auf der Hand. Hier erwähne ich einige Gründe, die mich animierten, meine analoge Ausrüstung gegen eine digitale zu tauschen.
Die letzten Jahre habe ich auf jedem Trip rund 500 Diafilme mitgenommen. Dies kostete mich ca. 1800 Euro pro Reise. Das Gewicht dieser Filmmenge betrug etwa 20 kg, die zusätzlich zum Fotoequipment und der Campingausrüstung mitgeschleppt werden mussten. Des Weiteren gab es immer wieder unnötige Diskussionen an verschiedenen Flughäfen wegen der Röntgenstrahlen, Handgepäckkontrolle und Gepäckübergewicht. Bei Ankunft in Afrika war ich gezwungen, mehrere Kühlboxen zu kaufen, um darin die Filme aufzubewahren und diese vor Erwärmung zu schützen. Dies kostete Geld und Zeit und nahm im Mietwagen den ganzen Rücksitz in Anspruch. Bei der Rückkehr, nach der Entwicklung der Dias, musste ich mich immer wieder über zerkratzt gelieferte Diastreifen oder verloren gegangene Filme ärgern. Die Entwicklung an sich kostete einige 100 Euro und dauerte einige Tage. Mein Laptop, das diese Filme ersetzt, wiegt weniger als drei kg, ist kaum größer als ein Buch, und einmal gekauft, braucht man einige Jahre keine weiteren Ausgaben zu berechnen. Der nächste Vorteil ist für mich die sofortige Verfügbarkeit und Kontrolle der Bilder. Ich bin in der Lage, jedes einzelne Bild sofort inspizieren zu können, in Bezug auf Belichtung, Schärfenzone und z.B. Perspektive. Bei Nichtgefallen, kann ich an Ort und Stelle weitere Bilder machen, die mich 100% zufrieden stellen. Der Infoknopf der D60 gibt eine genaue Auskunft über die Belichtung und Helligkeitsverteilung im Bild. Mit der Lupenfunktion kontrolliere ich die Schärfe und über das Display sehe ich, ob die Perspektive noch zu verbessern ist.
Bei meiner letzten Reise habe ich einige Auftragsarbeiten angenommen. Die Bilder wurden an einem Morgen aufgenommen, und sie waren kaum eine Stunde später auf eine CD gebrannt und wurden dem Auftraggeber sofort übergeben. Diese superschnelle Lösung begeisterte sowohl mich als auch meine Auftraggeber vor Ort. Ein Vorteil von größter Bedeutung ist die Möglichkeit, jederzeit die ASA-Zahl des Chips verändern zu können. Man kann z.B. eine Landschaftsaufnahme mit 100 ASA ablichten und gleich danach Tiere in Aktion mit ASA 400 fotografieren.
Heute kann fast jeder digitale Daten besser verwerten als Dias. Von den Bildagenturen bis hin zu den Foto-Finishing-Laboren ist der Umgang mit den Daten einfacher, sicherer sowie qualitativ besser. Vor etwa 18 Monaten machte ich eine Entdeckung bei einem Großlabor. Die Abzüge, die ich von digitalisierten Dias anfertigen ließ, wurden mit einer deutlich besseren Qualität geliefert, als Abzüge, die ich von den Originaldias dort anfertigen lassen habe. Daraufhin machte ich einige Tests bei verschiedenen Laboren, um herauszufinden, ob auch andere Großlabore bessere Abzüge von Daten liefern. Mein Verdacht bestätigte sich. Die Abzüge von den Originaldias waren nicht so gut, wie die Abzüge von Daten, die aus den selben Dias entstanden waren. Die Scannarbeiten von meinen Dias sind sehr zeitaufwändig und wenn ich sie in guter Qualität scannen lassen würde, würde es teuer werden. Es ist also besser, die Bilder gleich digital aufzunehmen, statt Dias zu belichten und diese später zu digitalisieren. Des Weiteren ist die Archivierung der Daten erheblich leichter, preiswerter und intelligenter, als die aufwändige Archivierung der Dias. Außerdem ist ein Diaporama als Multimediashow mit einem Beamer viel einfacher und spannender zu produzieren, als eine Diaüberblendshow. Es sind damit gestalterische Möglichkeiten gegeben, von denen Diaüberblendshowproduzenten nur träumen können. Ein wesentlicher Vorteil gegenüber der analogen Fotografie ist die umweltverträglichere Variante, Bilder zu machen. Es werden jährlich Millionen Filme von Kodak und Co. hergestellt. Für die Produktion dieser Filme werden Unmengen an Chemikalien eingesetzt. Für die Entwicklung der Filme werden genauso viele Chemikalien benötigt. Viele Fotografen entwickeln ihre Filme selbst und halten die Entsorgungsvorschriften für deren Chemikalien nicht ein und kippen die giftige Suppe einfach ins Abwasser.
In vielen anderen Ländern der Welt existieren noch nicht einmal Entsorgungseinrichtungen für diese giftigen Substanzen. Viele Fotografen vergiften nicht nur ihre Umwelt, sondern auch sich selbst. Manche haben sich zu oft und zu lange in der Dunkelkammer aufgehalten und mussten durch die ausdunstenden Chemikalien und die ständig dunkle Umgebung schwere gesundheitliche Schäden hinnehmen. Die heutige Variante, diese Arbeit an einem sauberen Computer zu verrichten, ist erheblich umweltverträglicher und gesünder.
Hier folgt noch ein Vorteil:
Durch die 1,6 fache ”Brennweitenverlängerung” bei der D60 (wegen des kleineren Chipformats im Vergleich zum Kleinbildformat) entstand ein weiterer Vorteil für mich. Mein 100-400 mm IS USM Objektiv, mit dem ich oft arbeite, verwandelte sich zu 160-640 mm IS USM. Die Lichtstärke des Objektivs, bleibt unverändert. Ein größeres Teleobjektiv brauchte ich nicht mehr mitzunehmen. Dadurch konnte ich mein schweres, teures und großes Super-Teleobjektiv zu Hause lassen. Die kürzeste Naheinstellgrenze der Objektive bleibt ebenso identisch, dadurch wird ein noch größerer Abbildungsmaßstab im Makrobereich erreicht. Die Makrofotografen wissen dies zu schätzen. Wer oft mit Weitwinkeloptiken fotografiert, ist gezwungen, sich eines der neuen Superweitwinkelobjektive zu kaufen, die in letzter Zeit verstärkt von verschiedenen Herstellern gebaut und angeboten werden. Für Naturfotografen, die sich oft für längere Zeit im Busch aufhalten, ist der folgende Vorteil von größter Bedeutung. Man kann eine digitale Kamera als ein Funktionsüberprüfungsgerät für Objektive, Blitzgeräte oder anderes Zubehör einsetzen. Wenn ich das Gefühl habe, dass etwas mit einem Objektiv nicht stimmt, bin ich in der Lage an jedem Ort sofort Bilder zu machen und diese unverzüglich auf Funktionalität und Qualität zu überprüfen. Eine böse Überraschung nach der Reise bleibt aus.