Schlangen, Skorpione, Alligatoren, Maden, Heuschrecken und Tausendfüßler; Tiere, die uns im ersten Moment den Atem rauben, die wir vielleicht nur aus Furcht und Staunen kennen, doch hier sind sie, auf den Tellern der Menschen, als Nahrung, als Medizin, als Mysterien der Natur, die den Hunger stillen. Bevor der Abscheu in uns aufsteigt, bevor der Blick verurteilt und der Finger auf die Unbekannten zeigt, sollten wir innehalten.
Wie oft schauen wir auf fremde Kulturen, ohne zu verstehen? Wie oft urteilen wir, ohne den Stoff der Geschichte zu begreifen?
In diesen Ländern war der Hunger ein ständiger Begleiter der Menschen. Es war nicht immer ein Überfluss an Nahrung, keine prall gefüllten Märkte und Kühlschränke, keine Fülle, wie sie in unseren Tagen Alltag ist. In der Geschichte der Menschheit war der Hunger immer ein ständiger Gast. Erst im 20. Jahrhundert begann die Menschheit, diesen Schatten zu vertreiben, und dennoch gab es kontinuierlich Menschen, die in den Zwischenräumen der Wohlstandsinsel zurückblieben.
In Ländern wie China und Indien, erst vor weniger als dreißig Jahren vom Hunger befreit, suchte der Mensch im Überlebenskampf nach allem, was die Erde ihm bot. Alles, was atmete und kroch, was flugfähig war oder im Dunkeln schlich, wurde zu einem Teil des Essens. Nicht aus Gier, sondern aus Notwendigkeit. Die Menschen aßen, was sie finden konnten – Skorpione, Schlangen, exotische Wesen – als Teil einer uralten Antwort auf die Frage des Überlebens.
Und dann kamen die Kräuterheiler, die Alchemisten der alten Welt, die von den Wundern der seltenen Körperteile der Tiere sprachen. Tigerhaare gegen Faulheit, Nashornhörner als Heilmittel für die Männlichkeit – diese seltsamen und mystischen Zutaten fanden ihren Platz auf den Tischen, in den Töpfen. Der Körper der Tiere wurde zur Medizin, das Tier selbst zur Antwort auf das menschliche Verlangen nach mehr Nahrung.
Doch die Welt hat sich verändert. Supermärkte füllen sich mit Nahrung, die Apotheken bieten Heilmittel, die nicht aus der Jagd auf seltene Geschöpfe stammen. Heute müssen wir nicht mehr auf die Wildnis zurückgreifen, um zu überleben. Tiere, die auf Farmen gezüchtet werden, wie Alligatoren, können gegessen werden, ohne die fragile Balance der Natur zu gefährden.
Doch Tiere aus der Wildnis, gejagt und geraubt, zerstören diese Balance. Wenn wir die Verbindung zwischen den Lebewesen stören, wenn wir Teile der Kette des Lebens zerreißen, wird das Gleichgewicht der Natur kippen und in den Ruinen wird der Verlust zu spüren sein.
In der Geschichte der Menschheit haben wir viele Fehler gemacht. Wir haben Arten ausgelöscht, ganze Welten zerstört, um des Überlebens willen. Doch wir müssen aus diesen Fehlern lernen. Die Zeit, in der wir auf die Kreaturen der Erde angewiesen sind, um zu leben, ist vorbei. Skorpione müssen nicht mehr unser Mahl sein, und das Horn des Nashorns ist nicht mehr der Schlüssel zu unserer Vitalität. Wir haben die Mittel, die Welt zu heilen, ohne das Leben zu opfern.
In diesem Geiste wünsche ich uns allen ein besseres Jahr 2025, ein Jahr des Verständnisses, des Mitgefühls und des respektvollen Dialogs zwischen den Kulturen und der Natur.
Mit herzlichen Grüßen,
Benny aus Bangkok