Männliche Löwen werden oft als Machos oder gar Schmarotzer betitelt, weil die weiblichen Löwen in der Regel jagen und die Löwenmänner zu erst fressen. Diese Behauptung, die sogar oft in TV-Dokumentationen zu hören ist, ist eine falsche Interpretation der Abläufe in der Natur.
Wir Menschen haben uns inzwischen solch eine künstliche Welt aufgebaut, in der wir leben, dass wir kaum noch die Zusammenhänge in der Wildnis verstehen. Hinzukommt, dass wir immer wieder versuchen, die Abläufe in der Natur aus menschlicher Sicht zu interpretieren und auch so zu bewerten. So ist es z.B., dass die aasfressenden Tiere oft kein gutes Ansehen bei uns genießen oder wenn ein Jäger ein niedlich aussehendes Tier jagt, dann sind wir auf den Jäger sauer.
Diese Denkweise ist natürlich falsch und den Tieren ist es sowieso egal, was wir über sie denken.
Nun zurück zu unseren Löwen und was die Evolution aus den Löwenmännern und Löwenfrauen gemacht hat.
In einer Löwenfamilie gibt es unterschiedliche Aufgaben, die erledigt werden müssen, damit die Familie insgesamt überleben kann. Es ist zwar richtig, dass die Weibchen öfter jagen, als die Löwenkater aber es heißt nicht, dass die Löwenmännchen nicht jagen können oder sich nie an einer Jagd beteiligen.
Gerade wenn es darum geht, größere und stärkere Tiere, wie z.B. Büffel oder Giraffen zu jagen, helfen die Löwenmänner oft, um das große Tier zu Boden zu zwingen. Es ist auch immer wieder zu beobachten, dass ein einziger Löwenkater einen Büffel reißt und dann fressen auch die anderen Familienmitglieder von der Beute.
Das Jagen ist jedoch nicht primär die Aufgabe der erwachsenen männlichen Löwen. Sie sind extrem groß, sehr schwer und äußerst auffällig in der Landschaft und somit deutlich weniger für die Jagd geeignet, als die Weibchen. Sie müssen ihre Kräfte schonen, um feindliche Löwen oder Hyänen aus dem Territorium fernhalten zu können.
Der Löwenmann ist ein Krieger! Er ist stark gebaut, um die Familie vor fremden Löwen, Hyänen und anderen Gefahren zu beschützen. Ohne seinen Schutz würde keine Löwenfamilie lange oder erfolgreich überleben können.
Gerade dort, wo es viele Löwen und Hyänen im kleinen Raum gibt, wie z.B. im Ngorongoro-Krater in Tansania, ist es für die Löwenfamilien äußerst entscheidend, starke Löwenmänner zu haben, die die Familie und das Territorium des Rudels schützen können.
Ich habe persönlich einige Löwenrudel über Jahre hinweg beobachtet und gesehen, was geschieht, wenn schwache Löwenmänner von stärkeren getötet oder vertrieben werden. Es passieren hin und wieder regelrechte MASSAKER und die neuen Herrscher töten nicht nur die Jungtiere des Rudels, sondern teilweise auch die meisten Weibchen. Somit spielt der Löwenmann eine überlebenswichtige Rolle im täglichen Überlebenskampf der Familie.
Der Löwenkater braucht aufgrund seines größeren Körpers mehr Nahrung, weswegen er sich beim Fressen vordrängelt. Dies ist jedoch keineswegs eine Spezialität der Löwenmänner, sondern auch die Weibchen haben keinerlei Tischmanieren oder Mitleid für andere Familienmitglieder, wenn sie selbst hungrig sind. Ich habe persönlich oft beobachtet, dass an einem Kill keine Löwenmänner anwesend waren und dennoch die Weibchen sich um die besten Stücke prügelten. Des Weiteren haben sie zum Teil die Jungtiere vertrieben, damit sie selbst mehr von der Beute fressen konnten.
Somit nehmen sich die Weibchen und Männchen nichts, weil sie beim Fressen immer extrem egoistisch agieren.
Die Löwenweibchen führen eigentlich ein angenehmeres Leben als die Kater und werden in der Regel auch älter als ihre Männer. Ein männlicher Löwe muss mit etwa zwei Jahren seine Familie verlassen und entweder ganz alleine oder mit einem oder zwei anderen Kumpels als Nomaden durch die Wildnis ziehen.
In dieser Zeit muss er lernen, für sich selbst zu jagen und ist ununterbrochen gefährdet, von anderen größeren Löwen getötet zu werden. Er muss für einige Jahre dieses gefährliche und entbehrungsreiche Nomadenleben überstehen, um dann später, wenn er selbst stärker und erfahrener ist, ein eigenes Territorium zu übernehmen.
Die Übernahme eines Territoriums geschieht in der Regel durch Kämpfe, die er gegen die Inhaber eines Territoriums gewinnen muss. Oft verteidigen die Weibchen ihren Löwenmann und greifen als Rudel einen Neuankömmling an und es passiert immer wieder, dass der Herausforderer getötet oder schwer verletzt wird und somit niemals ein eigenes Territorium bekommt.
Wenn der Löwenkater es schafft, doch noch einen Krieg zu gewinnen und ein Territorium zu übernehmen, dann ist diese Freude selten von langer Dauer. Die meisten Löwenmänner verlieren ihr Territorium innerhalb von zwei bis maximal vier Jahren. Dann kommen jüngere und stärkere Löwen, die sie entweder töten oder aus ihrem Territorium vertreiben.
Dann muss der große und schwere Kater zusehen, dass er wieder alleine oder mit einem Kumpel als Nomade durch die Wildnis zieht. Er kann durch seine Größe und Auffälligkeit schlecht jagen und mutiert immer mehr zu einem Aasfresser. Er wird selten satt und verliert seine Kräfte von Monat zu Monat. Es gibt keine Familie mehr, die ihm Essensreste überlässt und er wird schließlich erheblich jünger als seine ehemaligen Weibchen sterben.
Somit hat der „König der Savanne“ nur eine sehr kurze Zeit, in der er kraftvoll, schön, elegant und majestätisch eine Familie führen darf. Die Jahre vorher und hinterher sind eher bescheidene Jahre seines Lebens.
Die Weibchen hingegen belieben ihr lebenslang in der Familie, in der sie hineingeboren sind und genießen den Schutz und die Fürsorge, die es in den Löwenrudeln gibt. Somit leben die Löwenweibchen ein deutlich angenehmeres und längeres Leben, als die Löwenkater. Es ist also unangemessen, die Löwenmänner als Machos oder Schmarotzer zu bezeichnen.
In diesem Sinne wünsche ich Euch einen löwenstarken Start in die neue Woche und viel Freude am Leben!
Das heutige Foto zeige ich hier zum ersten Mal und es ist in Kenia entstanden.