Diese Geschichte fängt mit meiner Landschaftsfotografie an
Vor vielen Jahren war ich auf einer privaten Fotoreise in der Namibwüste in Namibia unterwegs und machte dort hauptsächlich Landschaftsbilder. Ich habe in meinem Leben viele schöne Wüstengebiete gesehen. In der Namibwüste kenne ich jedoch einige abgelegene und extrem fotogene Landschaften, die es so nicht woanders gibt.
Eine Begegnung mit einem besonderen Menschen in der Wüste
Als ich dabei war, mit meinem Stativ und meiner schweren Ausrüstung von einem Fotostandpunkt zum Nächsten zu wandern, kam ein junger Mann zu mir. Er sagte, dass er mich bereits eine Weile beobachtet hatte und gesehen hatte, wie akribisch ich beim Fotografieren vorgehe. Im Gespräch erwähnte er, dass er auf der Suche nach einem Fotografen sei, der für ihn und für die Lodge seiner Eltern Werbebilder machen könnte.
Er fügte hinzu, dass er mit einem Leoparden befreundet sei und er es mir ermöglichen könnte, einen guten Zugang zu diesem Leoparden zu bekommen, um eine sehr gute Möglichkeit zu erhalten, die Raubkatze zu fotografieren.
Die Lodge und das 16 000 Hektar großes Land von seinen Eltern, wo auch der Leopard lebte, waren etwa 70 Km von meinem damaligen Zeltplatz entfernt.
Eine Chance, etwas Besonders zu erleben oder wieder einmal enttäuscht zu werden
Dadurch, dass ich in Afrika vielen Menschen begegnet war, die nicht sonderlich zuverlässig waren, nahm ich den jungen Mann vorerst nicht ganz ernst und sagte, dass er mir seine Telefonnummer geben sollte. Ich würde es mir überlegen und ihn gegebenenfalls am darauffolgenden Tag zurückrufen. Ich muss noch hinzufügen: Damals gab es keine Handys. Man musste eine funktionsfähige Telefonzelle aufsuchen und dafür gelegentlich etliche Kilometer fahren. Er gab mir seine Telefonnummer, verabschiedete sich sehr höflich und ging wieder in die Wüste zurück, hinter seiner Touristengruppe her, die er mitgebracht hatte.
Der neugierige Löwe in mir wurde wachgerüttelt und zum Spielen aufgefordert
Während ich an diesem Tag fotografierte, dachte ich des Öfteren an seine Worte. Auf den Job, die Werbebilder für die Lodge aufzunehmen, war ich nicht sonderlich scharf, jedoch eine mögliche nahe Begegnung mit einem Leoparden war zugegebenermaßen extrem verlockend.
Wer nichts wagt, der gewinnt auch nichts
Am darauffolgenden Tag wollte ich es genau wissen. Ich wollte verhindern, dass ich 70 Kilometer auf miserablen Schotterpisten umsonst irgendwo in die Wüste hinfahre. Deswegen suchte ich eine Telefonzelle auf und rief ich ihn an und ging mit ihm alles noch einmal durch, sodass keine Missverständnisse und sonstigen Probleme entstehen konnten. Nachdem ich mir sicher war, dass ich mich auf sein Wort verlassen konnte, packte ich meine Campingausrüstung zusammen und fuhr zu der von ihm genannten Lodge.
Eine Hand wäscht die andere – der afrikanische Deal
Er und seine Familie waren sehr nett und offen und sie boten mir einen Deal an, wie es in Afrika damals so üblich war:
Ich sollte die von ihnen gewünschten Werbebilder für die Lodge und auch für ihre Flugsafaris aufnehmen und im Gegenzug würde ich meine Übernachtungen und Verpflegungen kostenlos erhalten und zusätzlich Zugang zum Leoparden bekommen, der mich persönlich am meisten interessierte.
Ich stimmte der Vereinbarung zu und nahm meine Arbeit auf. Die Fotos für die Lodge aufzunehmen war eine leichte Aufgabe und wurde schnell erledigt. Ungewöhnliche Leopardenaufnahmen zu machen, war dagegen sehr viel schwieriger.
Wer mit erwachsenen Leoparden spielt, riskiert sein Leben
Seit vielen Jahren hatte ich etliche Details über das Verhalten der Leoparden gelernt und ich wusste, dass Leoparden die gefährlichsten Raubkatzen auf der Erde sind. Der Grund dafür liegt in ihrer Unberechenbarkeit und schnellen Gefühlsschwankungen. Deswegen sehen wir Leoparden so gut wie nie in einem Zirkus. Da sind Löwen und Tiger viel berechenbarer und Geparde werden sogar so zahm, wie Hauskatzen.
Leoparden spielen also hierbei eine Sonderrolle und man sollte immer äußerst vorsichtig sein, wenn man ihnen begegnet.
Manche Leoparden sind noch gefährlicher als andere
Leoparden, die an Menschen gewöhnt sind und somit ihre natürliche Angst vor dem Menschen abtrainiert bekommen haben, können sogar viel gefährlicher werden, als ihre wilden Artgenossen. Sie haben dieselben Krallen, Zähne und die Kraft und haben zusätzlich keine Angst vor dem Menschen, denn sie wissen, dass wir ihnen körperlich unterlegen sind. Das macht solche Leoparden extrem gefährlich.
Der Beginn einer gefährlichen und zugleich fantastischen Freundschaft
Mit diesem Wissen, dass mich die Begegnung mit der Raubkatze sehr teuer zu stehen kommen könnte, habe ich dort mit meiner Arbeit begonnen. Es war mir bewusst, dass ich schwer verletzt oder gar hätte getötet werden können; jedoch ließ ich keinerlei Angst oder negative Gedanken zu.
Der Schlüssel zu meinem Erfolg war, dem Tier zu vertrauen und mit einer positiven Energie diese Herausforderung anzunehmen. Mit dieser Einstellung fing ich an, mit dem Leoparden zu arbeiten. Von dem jungen Mann habe ich mir noch sagen lassen, welchen Charakter der Leopard hat und was er mag oder nicht.
Er meinte, dass die Raubkatze mich am Anfang testen wird, um zu wissen, mit wem er es zu tun hat. Dabei darf ich keine Schwäche zeigen. Das war mir aus meinen anderen Begegnungen mit Löwen auch bekannt. Er meinte, dass der Leopard mich anspringen würde und deswegen sollte ich dicke Kleidung anziehen, damit seine scharfen Krallen meine dünne Haut nicht zu sehr verletzen konnten.
Ich zog mir dicke Militärkleidung an, um den Aufprall der scharfen Krallen auf meinem Körper zu mildern und bereitete mich seelisch auf meine erste Begegnung mit dem Leoparden vor.
Meine erste schmerzhafte Begegnung mit dem wunderschönen Leoparden
Beim Sonnenaufgang war es nun soweit – zu zweit besuchten wir zu Fuß den Leoparden, der uns neugierig inspizierte, als wir in seine Nähe kamen. Er kannte meinen Begleiter gut und kam um ihn zu begrüßen. Dabei begutachtete er auch mich und gab mir spielerisch einen kleinen Tatzen-Hieb. Dabei zerfetzte er meine Militärhose und schlitzte einen etwa drei Zentimeter breite Wunde in mein Bein. Ich zuckte nicht einmal mit der Wimper und nahm die Wunde hin, ohne den Schmerz zu zeigen. Diese sollte nicht die letzte Wunde gewesen sein, die ich von dieser Freundschaft mitbekommen habe.
Eine gefährliche Liebe zu einem faszinierenden Lebewesen
In den folgenden Tagen fing der Leopard an, mich als seinen Freund zu akzeptieren und ich traute mir zu, die Tage alleine mit der Raubkatze zu verbringen. Für mich war es eine Liebe auf den ersten Blick. Er hatte wunderschöne Augen, bewegte sich geschmeidig und kraftvoll durch die Landschaft und hatte eine Aura um sich, der man nur verfallen konnte.
Die Tage verliefen oft so ab, dass ich beim Sonnenaufgang den Leoparden besuchte und nach unserer gegenseitigen Begrüßung die Zeit anbrach, an der wir zusammen spielten. Er liebte das Versteckspiel und war ein Meister darin. Entweder habe ich mich versteckt und er hat mich gesucht, oder umgekehrt. Das endete immer mit einem Sprung auf den Mitspieler und einigen Tatzen-Hieben als Abschluss der aktuellen Runde. Von meinen Hieben hat der Leopard kaum etwas mitbekommen – von seinen habe ich etliche Wunden mit nach Hause gebracht.
Das Spiel mit dem Feuer machte mich äußerst glücklich
Trotz der allgegenwärtigen Gefahr und der Verletzungen kann ich heute sagen, dass diese Zeit zu den schönsten Tagen meines Lebens gehörte. Es war ein unbeschreiblich schönes Gefühl, einen mächtigen Leoparden als Freund zu haben, mit dem man täglich spielen konnte. Viel schöner war es, dass er auch mich mochte und mich als Spielkameraden akzeptierte. Er hätte mich blitzschnell und mühelos töten können aber er hat es nicht getan, weil er mein Freund geworden war.
Wanderungen in den Bergen und in der Wüste mit einem Leoparden
Einige Male waren wir zu dritt auf einer Wanderung in den Bergen und auch in der Wüste unterwegs. Der Leopard verschwand manchmal blitzschnell hinter irgendwelchen Steinen, um dort auf uns zu lauern. Sobald wir in seiner Nähe waren, kam er wie aus dem Nichts auf uns zu und sprang uns unsanft, wie es bei den Leoparden immer der Fall ist, an. Das machte sowohl ihm, als auch uns viel Freude.
Ich war zwischendurch so sehr mit dem Spielen beschäftigt, dass ich vergessen hatte, dass ich eigentlich dort war, um zu fotografieren. Oft lag meine Kamera stundenlang auf dem Boden und ich spielte immer noch mit meinem pelzigen Freund, ohne überhaupt ein Bild gemacht zu haben.
Der Foto-Auftrag wurde erledigt und die Auftraggeber bekamen mehr als versprochen
In der Zeit, wo ich bei der netten Familie gelebt habe, habe ich alle Wünsche meiner Auftraggeber erfüllt. Darüber hinaus habe ich es geschafft, den Leoparden auf die Flügel des hauseigenen Flugzeugs zu bekommen, um damit Werbebilder für die Flugsafaris der Familie aufzunehmen. Diese Dias waren bis dato einzigartig! Niemand hatte solche Bilder zuvor gesehen und es freute mich sehr, dass ich damit der netten Familie helfen konnte. Eine Hand wäscht eben die andere.
Hier ist eines dieser Dias, die damals für die Werbung benutzt wurden:
Meine Mütze gegen meine verschleppte Kamera – Das Tauschgeschäft mit dem Leoparden
Er hat auch manchmal meine Kamera als Beute betrachtet und verschwand damit in den dicken Dornenbusch. Um die Kamera wieder zurückzubekommen, musste ich ihm immer wieder einen Deal anbieten. Es waren oft Tücher oder Mützen, die ich als Tauschgegenstand angeboten habe. Das lief dann so ab: Der Leopard hatte meine Kamera und wollte sie nicht rausrücken. In solch einer Situation darf man die Katze nicht herausfordern, wenn man weiß, dass sie viel stärker ist und gewiss ihre Beute verteidigen kann!
Viel effektiver ist ein Tauschgeschäft. Dafür hatte ich immer irgendwelche Mützen und Tücher dabei. Ich bewegte diese Tücher wie ein Tier auf dem Boden und lenkte die Aufmerksamkeit der Raubkatze auf das Tuch. Somit hatte ich etwas sehr Interessantes, was der Leopard nicht hatte. Seine Instinkte befahlen ihm sofort, dass er sich das Tuch holen musste. Er ließ die Kamera liegen und schoss aus dem Dornenbusch heraus, um sich das Tuch zu holen. Nun musste ich dieses “Opfertuch” so weit wie möglich, am besten auf einen Baum werfen, damit der Leopard hinterher flitzen konnte.
In der Zwischenzeit musste ich in den Dornenbusch springen und mir meine Kamera zurückerobern. Die Begegnungen mit den afrikanischen Dornen sind genauso schmerzhaft, wie die mit den Krallen eines Leoparden.
Meine Haut wurde täglich etliche Male zerfetzt und ich hatte überall Wunden
Wie viele Wunden ich aus dieser Zeit bekommen habe, weiß ich nicht mehr; aber es waren nur kleine körperliche und kurzzeitige Schmerzen, die ohne jegliche böse Absicht entstanden waren und mich somit überhaupt nicht störten. Die Freude, die ich täglich durch diese ungewöhnliche Freundschaft empfunden habe, überwog bei weitem die kleinen täglichen Verletzungen.
Hier ist eines der erfolgreichsten Bilder meiner Karriere
Dieses Bild hier ist an einem Tag entstanden, an dem der Leopard mit einem Prankenhieb meine Kamera erobern wollte. Er erwischte dabei direkt die Frontlinse meines Superweitwinkel-Objektives, kurz nachdem dieses Foto entstanden war. Das hier gezeigte Dia gewann später internationale Auszeichnungen und ich wurde damit zum Fotograf des Jahres gewählt. Einige große und teure Werbekampagnen wurden mit diesem Foto gestartet und es wurde auf Titelblättern von renommierten Magazinen gedruckt.
Jedes Mal wenn dieses Werk irgendwo veröffentlicht wird, denke ich an meine so schöne und intensive Zeit mit diesem wunderbaren und wunderschönen Freund.
Inzwischen hat mein Freund, der Leopard die ewige Reise ins Jenseits angetreten und lebt nicht mehr. Die Dias, die ich von ihm gemacht habe, sind jedoch in zahlreichen Büchern, Kalendern, Postkarten und anderen Medien zu finden und ich werde seine Freundschaft solange in Erinnerung behalten, wie ich lebe.
Die Termine und die Verfügbarkeiten unserer Fotoreisen der nächsten zwei Jahre findet Ihr unter dem folgenden Link:
https://www.benny-rebel.de/fotoreisen-der-naechsten-2-jahre/
Ich wünsche Euch einen schönen Tag und eine baldige Fotoreise mit uns!
www.Benny-Rebel.com
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